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Bruno Gironcolis brennende Kinder

Für seine Begriffe kleine Skulpturen und Arbeiten auf Papier zeigt Bruno Gironcoli derzeit in der Innsbrucker Galerie Thoman.

INNSBRUCK. Als Modell entstanden sind einige der in der Galerie präsentierten Skulpturen bereits in den Sechziger- und Siebzigerjahren, in Bronze bzw. Aluminium gegossen wurden sie genauso wie ganz neue in Zusammenarbeit mit der Galerie Thoman erst kürzlich in einer Oberländer Gießerei. Sie sind die exotischen "Kinder" des 67-jährigen Kärntners, der in Tirol aufgewachsen ist und in diesem Jahr als offizieller Vertreter Österreichs zur Biennale von Venedig entsandt worden ist.

Goldschmied

Bruno Gironcolis Kunst ist eine, an deren Manierismus sich die Geister scheiden. Vertritt er doch eine völlig singuläre Art des Sehens und Formulierens. Dass Gironcoli ursprünglich das Handwerk des Goldschmieds erlernt hat, spürt man beim Anblick seiner Skulpturen, auch wenn diese oft riesig groß sind, die Grenzen des Präsentablen sprengen.

In der Galerie Thoman sind allerdings Gironcolis relativ kleinen Kunstkammerstücke zu sehen, die oft zu eigenständigen Objekten emanzipierte Details solcher riesiger Arbeiten sind. Ähren, Trauben, Löffel und kindlich glatte menschliche Körper, verbunden durch undefinierbare organische Formen sind die Versatzstücke, aus denen Bruno Gironcoli seine ebenso dekorativen wie letztlich undeutbaren Objekte baut.
Jede Aggressivität der frühen Jahre, als Gironcoli aus Gefundenem und Gemachtem seine zerstörerischen Maschinen baute, ist aus diesen neueren Arbeiten gewichen, die Projektionen seiner eigenen verschlungenen Innenwelten sind, zelebriert in vollendeter Ästhetik gleichsam als surreale Schutzschilder gegen die eigene Angst. Eine suggestive Magie geht von diesen stacheligen, brennenden oder verstörend zwittrigen "Wesen" aus, die Gironcoli als seine "Kinder" bezeichnet. Sie vereinen auf einzigartige Weise das Flair von Anziehung und Abstoßung in sich, die Lust, die glatten, matt glänzenden metallischen Oberflächen zu berühren, während sich das Undefinierbare ihrer Inhalte jeder persönlichen Annäherung entzieht.

Das Flair des Sakralen und Unantastbaren geht von diesen Skulpturen Bruno Gironcolis aus, die nichts anderes sind als Fetische, die sich der Künstler für den Altar seiner offensichtlich zutiefst verwundeten Seele baut.

Zum Maler ausgebildet

Als Bildhauer ist Bruno Gironcoli Autodidakt, um trotzdem seit vielen Jahren als Nachfolger von Fritz Wotruba die Bildhauerklasse an der Wiener Akademie der bildenden Künste zu leiten. Er selbst wurde zum Maler ausgebildet, der sein Bildhauerleben lang gezeichnet hat.

Die Ausstellung in der Galerie Thoman zeigt eine Reihe dieser Arbeiten auf Papier, die viel mehr als banale Bildhauerzeichnungen sind. Sie sind die ideale Spielwiese für den Künstler, Projektionsfläche von Ängsten und Obsessionen. Zwitterwesen aus Mensch und Maschine bevölkern diese oft riesigen Blätter, die reglementiert sind von klaren Konturen und grafischen Rastern. Das Flair von Kälte und Trostlosigkeit akzentuieren außerdem metallische, der Realität ferne Farben.

Galerie Thoman, Adamgasse 7a, Innsbruck; bis 6. Mai, Montag bis Freitag 10 bis 12.30, 15 bis 18.30 Uhr, Samstag 10 bis 12.30 Uhr

2003-04-11 14:10:08