Tortenschlachten sind grün
Von Claudia Aigner
Wer behauptet, dass der Prelog wieder einmal "in Umlauf" ist,
der meint das üblicherweise ganz handfest. Drago Prelog (bis 17. März
zeigt die Galerie Wolfrum, Augustinerstraße Nr. 10, einen Überblick über
sein Schaffen) befindet sich nämlich schon gewohnheitsmäßig in einer
Umlaufbahn um das eine oder andere seiner Bilder. Galaktischer Rede
irdischer Sinn: Der technisch gerissene Maler und noch viel gerissenere
Grafiker zieht mit einer farbgefüllten Spritze seine Runden um eine flach
aufgelegte Leinwand. Und hinterlässt dabei sinnlich dichte Farbbahnen.
Quasi die Miniatur eines Marathonlaufs in einem Olympiastadion.
Theoretisch ist dieses Zusammenspiel von Beinarbeit und malerischer
Handarbeit Prelogs Form von "Body-awareness". Spannend: Wie er immer
wieder ein strenges Konzept und eine subjektive Geste miteinander
"verbandelt". Etwa wenn es innerhalb eines sauberen Kopfumrisses so
aussieht, als hätten sich hier zehn Tortenschlachten ereignet (und die
Torten wären alle grün gewesen). Der Bewegungstrieb spielt fast immer
eine Rolle. "Der Häuptling schaukelt": Prelog lässt da die Schablone eines
Gesichtsprofils auf dem weißen Malgrund baumeln, fixiert mit seiner
berüchtigten Farbspritze ein paar Bewegungsphasen und nimmt die Schablone
dann weg. Noch dazu ist die Leinwand charmant unorthodox (weil sie rechts
eine Nase herausstehen hat, was nicht heißt, dass das Bild nun eines
Schnupfens fähig wäre). Seine Papierarbeiten sind besonders
reichhaltig. Da entlädt sich gleich ein ganzes Spektrum an Ausdruckskraft:
Collage, Radierung und das, was Prelog bescheiden "Prelographie" nennt (wo
er mittels einer Lochschablone, auf die er Farbe spachtelt, seinen
Blättern eine "Krokodilhaut" verpasst). Als unverwechselbaren
Mischtechniker schätze ich Prelog ja im Speziellen. Heinz Göbel (bis
17. März in der Galerie Contact, Singerstraße 17) scheinen es jene kargen
Gegenden angetan zu haben, wo die Plattentektonik und die Erosion
bildhauerisch tätig waren oder wo der Mensch Natur weggesprengt und
abgebaut hat. Also Landschaften mit potenziellen Naturkatastrophen und
Steinbrüche. Göbels steinige Natur wirkt skulptural. Und hier liegen
monumentale, unkomplizierte Formen herum. Als Kolorist, dessen Palette
diesmal fast unüberbietbar diskret und hell, aber nicht kraftlos oder gar
fad ist, hat Göbel einiges "drauf". Da und dort glaubt man sogar, dass die
Farbe zu Stein geworden ist. Man könnte sich gut vorstellen, dass ein
Archäologe mit einem Pinsel vorsichtig den Sand von diesen Bildern
weggekehrt hat. Auch wenn jetzt eh niemand ernsthaft annehmen wird, dass
das, was noch bis 24. März in der Galerie Sur (Seilerstätte 7) hängt,
Kunstwerke aus verflossenen Zeitaltern sind, die nun jemand wieder
ausgegraben hat. (Nicht zuletzt wäre ja etwa das rote Quadrat auf rotem
Grund ein wenig zu klein, um als ein exhumiertes Quadrat von Malewitsch
durchzugehen.) Jacqueline Fritsche hat trotzdem Recht, wenn sie ihre
Ausstellung "Archaisches" nennt. Ihre "seelenruhigen", monochromen Bilder
haben ja tatsächlich etwas von fossilen Abdrücken oder geheimnisvollen
frühgeschichtlichen Zeichen, etwa wenn ein subtiles Relief wie Fischgräten
anmutet, wo sich jemand die Mühe gemacht hat, sie alle einzeln und sauber
hinzulegen. Diese Arbeiten haben nicht nur den ganzen Zeitaufwand ihrer
Entstehung gespeichert und eine dementsprechend konzentrierte, gesättigte
Ausstrahlung. Hier trifft auch eine exquisite, lebendige Oberflächen- und
Farbbehandlung überzeugend auf ein striktes, fast schon puritanisches
Formgefühl.
Erschienen am: 09.03.2001 |
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