Salzburger Nachrichten am 12. Jänner 2005 - Bereich: seite1
Der Standpunkt: Eine provokative, chaotische Anwältin der Kunst

HEDWIG KAINBERGER

Über Agnes Husslein lässt sich streiten. Die Direktorin des Salzburger Museums der Moderne hat für viel Aufregung gesorgt, seit sie 2001 ihren Job in Salzburg angetreten hat. Die skandalträchtige Skulptur des nackten Mannes in Form des "Arc de Triomphe", die Agnes Husslein im Sommer 2003 den Salzburgern und den Festspielgästen mitten in die Altstadt stellen ließ, ist vielen als größte Provokation ihrer bisherigen Tätigkeit in Salzburg in Erinnerung.

Zudem hat Agnes Husslein mehrfach bewiesen, dass sie in Rhetorik, Medienarbeit und Personalführung kein Genie ist. Seit ihrer Bestellung ist kein Jahr vergangen, in dem nicht Streitereien mit Mitarbeitern des Museums Thema öffentlicher Debatten gewesen wären.

Am Dienstag ließ Agnes Husslein bekannt geben, dass sie sich nicht um die Verlängerung ihres Ende 2005 auslaufenden Vertrages bewerben werde. Das heißt: Ihr letztes Jahr in Salzburg ist angebrochen. Viele Menschen werden dies mit erleichtertem Aufatmen quittieren.

Doch: Was vor allem zählen sollte, ist das Ergebnis der Arbeit Agnes Hussleins als Museumsdirektorin. Listet man die Leistungen ebenso auf wie die diversen Peinlichkeiten, kann man es drehen und wenden, wie man will: Unter dem Strich ist das Ergebnis ein gutes.

Agnes Husslein brachte in Salzburg beachtliche Ausstellungen von internationalem Rang zu Stande. Erinnert sei an die Werkschauen von Helmut Newton, Fernand Léger, Jean Dubuffet und - im kommenden Sommer - Gerhard Richter. Im Vorjahr war die aus Brüssel kommende, fulminante Fernand-Khnopff-Retrospektive im Salzburger Rupertinum um eine feine Ausstellung über Symbolismus in Österreich ergänzt. Mit der derzeit noch zu besichtigenden Schau von Zeichnungen und Gemälden Alfred Wickenburgs ist im Rupertinum die bisher erster Retrospektive dieses österreichischen Künstlers zu sehen.

In der jetzigen Ausstellung "Vision einer Sammlung" auf dem Mönchsberg wird ein weiterer Vorzug Hussleins deutlich: internationale Beziehungen und Kontakte zu wichtigen Sammlern, die viele Dauerleihgaben zur Verfügung gestellt haben. Damit hat sie die hauseigenen Bestände - die in den vorigen 20 Jahren mangels großer Räume und hoher Ankaufsbudgets relativ klein geblieben sind - mit Großformatigem und großen Namen aufgeputzt.

Auch die Zahlen sind nicht zu bekritteln: 72.400 Besucher waren seit Juli 2004 im Museum auf dem Berg. Rund 108.000 waren im Vorjahr in beiden Häusern (auf dem Mönchsberg und im Rupertinum).

Agnes Husslein mag mit Selbstinszenierungen und Provokationen viel Ärger verursacht haben. Sie mag chaotisch sein. Doch mit ihr ist die Salzburger Museumsszene bunt geworden. Und sie hat in den Jahren, als das Museum der Moderne gebaut und eröffnet wurde, die moderne Kunst zum Gesprächsthema gemacht.