Karlheinz und Agnes Essl können aus dem Vollen schöpfen, wenn sie für
Hermann Nitsch anlässlich seines bevorstehenden 65ers eine Retrospektive
ausrichten, verfügt ihre Sammlung doch über einen der größten
Aktionsbestände des Landes.
Dabei war die Annäherung an dieses
schwierige, seit den Anfängen in den 60er-Jahren bis heute immer noch
öffentlich angefeindete Werk nicht so einfach. Denn auch erfahrene
Kunstkenner wie die Essls hatten, wie der Sammler eingesteht, lange
Probleme mit der ebenso viele Grenzen überschreitenden wie Tabus
sprengenden Kunst des Langzeit-Aktionisten. Essl: „Ich möchte allen Mut
machen. Auch mir und meiner Frau ist es nicht anders ergangen.“ Dazu
kommt, dass dem Protestanten Essl der barocke Katholizismus, der für
Nitschs Arbeit einen wichtigen Bezugspunkt darstellt, weltanschaulich ganz
und gar fremd war.
Nach einem Besuch in Prinzendorf – gleichsam
einer Begehung von Nitschs Musik, Theater und Malerei umfassendem
Gesamtkunstwerk – schlug die Vorsicht bald in Begeisterung um. In einem
gründlichen Schwenk vom Frühwerk hin zu neuesten Bildern, Aktionen und
Fotografien will die Ausstellung nun einen Beitrag leisten zur Annäherung
an das reichhaltige Werk eines Künstlers, der so schwierig gar nicht ist,
lässt man sich erst einmal auf seine Kunst ein.
Mit der
Klanginstallation „Le mystère d’orgue“ von Karlheinz Essl jun. gibt es
auch ein musikalisches Geburtstagsgeschenk. Für den 15. 11. schließlich
ist eine Aktion des Meisters himself im Depot geplant.
Tipp:
Sammlung Essl, Klosterneuburg: „Nitsch – Retrospektive“, 17. 10.–11. 1.
04, Di–So: 10–19 Uhr, Mi: 10–21 Uhr