Mit einem reichhaltigen Kulturangebot sollen die Vielfalt und die
Gemeinsamkeiten der europäischen Kulturen herausgestellt werden. 15 Jahre
lang gab es eine jährlich wechselnde "Kulturstadt". 1999 wurde der Begriff
in "Kulturhauptstadt" umbenannt, seit 2000 können sich mehrere Städte pro
Jahr den Titel teilen.
Frischzellenkur
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Grazer Baustelle / ©Bild:
APA |
Das Kulturhauptstadt-Projekt hat Graz einen Bauboom beschert, und zwar
nicht nur durch die Errichtung neuer Spielstätten, sondern auch im Bereich
der Infrastruktur und der Gastronomie. Die Stadt selbst putzt sich heraus,
investiert wird auch in Neugestaltungen des öffentlichen Raums.
Städtebaulich hervorgehoben wird das traditionell als benachteiligt
geltende rechte Murufer, wo die meisten Schlüssel-Objekte verwirklicht
werden.
Die Blaue Blase
Der spektakulärste 03-Bau ist ohne Zweifel das Kunsthaus, die "blaue
Blase" der Architekten Cook/Fournier: Mit dem Hochbau wurde begonnen, im
Juli erfolgt die Ausschreibung der heiklen äußeren Hülle, für die
gekrümmtes Plexiglas oder faserverstärkter Kunststoff in Frage kommt -
heikel deshalb, weil eine derartige Dachkonstruktion bisher einmalig ist.
Die Eröffnung ist für 23. September 2003 vorgesehen, die erste Ausstellung
wird im November, also gerade noch im Kulturhauptstadt-Jahr, starten.
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Das geplante Kunsthaus in Graz, das bis zum
Jahr 2003 entstehen soll. / ©Bild:
APA |
Neue Spielstätten
Ein über das 03-Budget finanziertes Projekt ist die Acconci-Insel, die
noch heuer im November in der Mur vor Anker gehen wird und ein kleines
Amphitheater, einen Kinderspielplatz und ein Cafe auf dem Wasser bietet.
Ebenfalls mit Beginn des Kulturhauptstadtjahres zur Verfügung stehen wird
die Helmut List-Halle nahe dem Hauptbahnhof - moderne Architektur von
Markus Pernthaler, aufbauend auf das Stahlgerippe eines Industriebaus aus
dem vorigen Jahrhundert und mit einer besonderen Akustik.
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Die Insel in der Mur, Modell / ©Bild:
APA |
Platz für Literatur
Im Laufe dieses Jahres wird das ehemalige Kulturhaus in der
Elisabethstraße von den Architekten Riegler/Riewe in ein Literaturhaus
umgestaltet. Die Eröffnung ist für März 2003 vorgesehen, ein Datum, das
wegen anhängiger Anrainerverfahren allerdings noch mit einem Fragezeichen
versehen ist. Im bestehenden Gebäude wird das Franz-Nabl-Institut für
Literaturforschung und eine Bibliothek untergebracht, in einem
dreistöckigen, zugebauten Hofgebäude werden zwei Veranstaltungssäle und
ein Schauarchiv entstehen. Auch die Pop- und Independent-Sparte wird im
Teatro am Lendplatz ("Haus der Popkultur") und im Palais Thienfeld direkt
neben dem Kunsthaus bedient.
Weitere Bauvorhaben, die nicht direkt dem Kulturhauptstadt-Projekt
zuzuordnen sind, sind das Kindermuseum im Augarten (geplante Eröffnung
Herbst 2003), die neue Stadthalle (Eröffnung Oktober 2002) sowie der Um-
und Ausbau der Thalia, in der ein Hotel und Probebühnen für die Oper Platz
finden sollen.
Erste Projekte
Wie sich die Stadt für den Anlass 03 herausputzt, ist zum Teil jetzt
schon zu sehen: Die Murpromenade wurde bereits eröffnet, im September wird
ein Facelifting für die Hauptbrücke folgen, um dem Kunsthaus einen
attraktiven Zugang und Blickpunkt zu geben. Darüber hinaus werden sich
auch der Hauptplatz, der Hauptbahnhof und der Flughafen im neuen Outfit
präsentieren.
Auch die Lokalszene erfährt eine Bereicherung: Schon offen ist die 03
Bar samt Info-Center am Mariahilfer Platz. Am Schlossberg entsteht ein
neues Cafe, zusätzlich wird das Restaurant umgebaut, was aber über 2003
hinaus dauern könnte. Fix ist auch eine Sacher-Dependance in der
Herrengasse beim Hauptplatz.
Geldfragen
Zur Realisierung ihres Programms hat die Graz 2003 Kulturhauptstadt
Europas Organisations GmbH 50,9 bis 54,5 Mio. Euro an Mitteln der
öffentlichen Hand (Bund, Land, Stadt) zur Verfügung. Je die Hälfte wird
für Programm und Marketing investiert. Darüber hinaus erwartet man sich
noch 3,6 bis 5,1 Mio. Euro von Sponsoren. Über die erwarteten Rückflüsse
aus den Eintritten wurden bisher noch keine Zahlen genannt.
Für die Baumaßnahmen kommen von Stadt und Land weitere beträchtliche
Beträge: 43,6 Mio. Euro für das Kunsthaus, 38,3 Mio. für die Stadthalle,
3,2 Mio. für das Literaturhaus, 2,2 Mio. für das Kindermuseum. Vorwiegend
aus privater Kasse werden die Helmut List-Halle (6,5 Milo.) und die Thalia
neu (rund 15 Mio. Euro) finanziert.
Bestellmodus
Um die Ernennung der Kulturhauptstädte gab es immer wieder
Diskussionen. Die Kulturhauptstädte bis 2004 wurden einstimmig im
EU-Ministerrat ernannt. Danach wurde die Prozedur geändert. Über die
Kulturhauptstädte 2005 bis 2019 entscheidet der Ministerrat auf Grund
einer Jury von Fachleuten aus dem Kulturbetrieb, die von Vertretern der
verschiedenen EU-Institutionen jährlich neu ernannt werden. Bis 2019 soll
pro Jahr jeweils nur eine Kulturhauptstadt aus einem der derzeit 15
EU-Mitgliedsländer gewählt werden, eventuell mit einer assoziierten Stadt
aus einem EU-Beitrittskandidatenland. Im Rahmen der EU-Erweiterung wird
die Länder-Liste aber voraussichtlich wieder abgeändert werden. 2004 geht
der Titel an Lille und Genua, 2005 an Cork.
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