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Play Admont: Gesponnene Erfahrung

04.08.2010 | 18:40 | SABINE B. VOGEL (Die Presse)

Die Sommerausstellung lädt Besucher zur Teilnahme ein – so es die Tücken der Technik gestatten. Man wandert nicht nur ein Werk nach dem anderen ab, sondern muss sich jedes einzeln aktiv erschließen.

Mit dem Tag der Eröffnung friert eine Ausstellung ein. Jedes Werk hat dann seinen Platz gefunden. Zwar darf jetzt geschaut, aber nichts mehr bewegt werden. Diesen Stillstand am Ende des wunderbar chaotischen Prozesses, der den gesamten Aufbau über anhält, vermissen manche Kuratoren so sehr, dass sie einen permanenten Weiterbau versuchen – eine fadenscheinige Lösung, denn jeder Besucher sieht dann nur einen Auszug der gesamten Ausstellung. Eine andere Möglichkeit ist, die Besucher in die Ausstellung aktiv einzubeziehen. Dann wandert man nicht nur ein Werk nach dem anderen ab, sondern muss sich jedes einzeln aktiv erschließen. Für solch einen experimentell-spielerischen Zugang hat sich das Stift Admont mit seiner diesjährigen Sommerausstellung, „Play Admont“, entschieden.

Gleich zu Beginn lädt ein filigranes Netz ein, uns zwischen den verspannten Nähgarn-Fäden durchzuschlängeln. Überall hängen Zwirnrollen herunter, die uns zwanghaft zum Weiterspinnen auffordern. Unterbrochen wird das eigenartige Netz von m-förmigen Stangen, die Martin Walde aus Fischerangeln improvisiert hat und die erst durch unsere aktive Mitgestaltung stabilisiert werden. „The Web (Spider)“ nennt der in Wien lebende Künstler seine Installation, die immer weiterwächst.

 

Barfuß über Knoten gehen

Verlässt man dieses seltsame Netz-Nest, erwartet einen am anderen Ende des Raumes ein eigenartiges Bild. Denn auf einer großen Leinwand zerfließt unser Abbild zu spiralförmigen Körpern, jede unserer Bewegungen wird zum Tanz – plötzlich sind wir Teil einer Choreografie der William Forsythe Company.

Nicht alle Beiträge dieser Ausstellung greifen derartig perfekt ineinander wie dieser Auftakt. Aber alle 24 Künstler bzw. Künstlergruppen laden uns zur Teilnahme ein, wenn wir barfuß über ein Seil voller Knoten balancieren sollen, um unsere Fußreflexzonen zu aktivieren (Thomas Baumann), uns von Blinden durch Johannes Deutschs „Unsichtbaren Garten“ führen lassen oder per Kopfhörer Tim Etchells Überlegungen zu einzelnen Objekten der naturhistorischen Klostersammlung lauschen. Denn „Play Admont“ fordert nicht nur unsere Freude am Mitmachen heraus, sondern verknüpft auch immer wieder die zeitgenössische Kunst mit den historischen Schätzen des Benediktinerklosters.

 

Der Schreibroboter steht still

Prunkstück des Stifts ist die spätbarocke Bibliothek. In diesem Saal mit seinen Kuppeln, den weißgoldenen Bücherschränken und Deckenfresken ruht ein klobiger Roboter (robotlab), der eigentlich nahezu ununterbrochen das Neue Testament abschreiben sollte. Ob aus Tintenmangel oder Überforderung des Personals, jedenfalls bewegt sich nichts, nur einige wenige, ungleichmäßig geschriebene Zeilen sind zu sehen – warum überhaupt schreibt eine Maschine mitten in der weltgrößten Klosterbibliothek die Bibel neu ab? Defekt sind auch die Beiträge von Constanze Ruhm und Peter Hanappe & Armin Linke – ob die Technik hier vor der Schönheit der Bücher kapituliert? Aber solche technischen Probleme sind sicherlich behebbar, und der faszinierende Parcours über drei Stockwerke ist allemal einen weiteren Besuch wert, denn auch der Außenraum mit Teich (Werner Reiterer) und Pavillon (Hubert Machnik) hält noch spannende Überraschungen bereit.

Im Stift Admont: bis 7.November 2010. Öffnungszeiten: 9–17, Freitag bis 20Uhr.


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