Bregenz (VN-cd) Diesmal hat man sich sogar die Genehmigung der
amerikanischen Künstlerin eingeholt, die das Kunsthaus Bregenz nun
bespielt. Jenny Holzer, die als bildende Künstlerin auch die Sprache
als Medium benutzt, begrüßte es, dass inmitten ihrer Arbeit ein
Stück der britischen Autorin Sarah Kane aufgeführt wird.
Wenn mit "Crave" ("Gier") am kommenden Dienstagabend die dritte
Produktion des Landestheaters im Ausstellungsraum gestartet wird,
hat das so gut wie nichts mehr mit jenem trendigen Zeitgeist zu tun,
dem man bei der hier aufgeführten "Bildbeschreibung" von Heiner
Müller oder gar bei "Kunst" von Yasmina Reza noch aufsaß.
Stücktext und Schriftinstallationen stehen in enger Beziehung
zueinander. Für Winfried Nussbaummüller, dem neuen Kunstvermittler
der Institution, hat die Aufführung somit den Wert einer weiteren
Vermittlungsaktion.
Doppelbödigkeit
"Jenny Holzer hat jenen pessimistischen Grundduktus, den wir auch
bei Sarah Kane finden." Außerdem
käme etwa auch bei Holzers Arbeit "Lustmord" jene Doppelbödigkeit
zum Ausdruck, die auch für die Autorin gilt. Wer sind die Täter, wer
die Opfer? - diese Frage stelle sich so Nussbaummüller stets. Und so
wie die Betrachter von Holzers Schriftinstallation sich jene Sätze
herauspicken, die sie auf ihr Leben beziehen können, geschehe es
auch beim Text von Sarah Kane.
Erbarmungslos
Die Autorin lieferte im Rahmen jener jungen britischen Stücke,
die vor etwa zehn Jahren das deutschsprachige Theater aufzumöbeln
begannen, die erbarmungslosesten Texte. "Zerbombt" und "Gesäubert"
waren so aktionsgeladen oder zeigten so viel psychische und
physische Gewalt, dass es viele Besucher (auch bei so grandiosen
Inszenierungen wie jene von Zadek an den Hamburger Kammerspielen)
gar nicht mehr aushielten.
"Gier", ein rhythmisch gegliederter, geradezu komponierter Text
für vier Personen ohne Namen, setzt hingegen mehr auf die
Vorstellungskraft des Publikums. Themen sind aber auch hier die
Einsamkeit, die Sehnsucht nach Liebe, vielmehr die Gier danach, aber
auch die Gier nach dem Tod.
Sarah Kane wurde 1971 in Essex geboren. Ihre insgesamt fünf
Bühnenstücke, die einen starken Einfluss auf das zeitgenössische
Theater ausübten, wurden alle heftig diskutiert. 1999 schied sie
durch Selbstmord aus dem Leben. "Was ich tun kann, ist Leute einer
intensiven Erfahrung auszusetzen", sagte sie, "vielleicht nicht weit
weg davon kann man Dinge ändern."