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Von Markus Wailand.
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Plakatwände der Gewista, Großbilder an der
Kunsthalle und in der Staatsoper, Inserate in Tageszeitungen (Der Standard) oder
Kooperationen mit dem ORF
als Kunstfenster im Fernsehen ("Do it"): das museum in progress beweist, dass ein Museum keinen festen
Ort braucht.
Konservatives Moment Von der "Rückeroberung des öffentlichen Raumes" ist diesbezüglich immer
wieder die Rede. Reclaiming the streets for arts and politics? Nicht
immer, aber immer öfter: Obwohl es in einen öffentlichen Raum
intervenierte, konnte man zwischenzeitig den Eindruck gewinnen, das museum
in progress gibt sich damit zufrieden, eroberte Räume abzusicheren - und
nicht stets neu aufs Spiel zu setzen, um die Frage nach den Bedingungen
der Möglichkeit von Kunst im Medienraum immer wieder aufs Neue auszuloten
und aufs Tapet, aufs Plakat oder in die Zeitung zu bringen. Politische Statements Die politische Situation in Österreich hat den Projekten des mip neue
Brisanz verliehen. Als direkte Reaktion hat sich etwa der Anteil an
politisierten Künstler-Statements stark erhöht. Sowohl das neue Großbild
an der Außenfassade der Kunsthalle Wien "there's no place like home" von
Ken Lum, als auch die Reihe "Trans Act", betreut von Cathrin Pichler und
erschienen im Standard, widmen sich Fragen wie Rassismus,
Fremdenfeindlichkeit, und antidemokratischen Tendenzen in globalisierten
Gesellschaften, in Österreich und seiner Regierung. Das museum in progress aus diesem Grund auf die Funktion einer
Speerspitze im Bestreben um eine politische Bewusstseinsbildung zu
reduzieren, hieße wiederum, seine kontinuierliche Arbeit als
Kunstinstitution zu unterschlagen. Raumgreifende Strategien Seit 1990 machen Josef Ortner und Kathrin Messner ihr Programm in
Zusammenarbeit mit verschiedenen KuratorInnen (Hans-Ulrich Obrist, Stella
Rollig, Brigitte Huck u.v.a.m.) und präsentieren das mip neben den Inserts
im Standard und den Großbildern an der Kunsthalle - vor allem auf
Plakatwänden, aber etwa auch auf dem eisernen Vorhang der Wiener
Staatsoper, oder im Fernsehen.
"Bekannt aus Funk und Fernsehen" kann das museum in progress seit 1995
von sich behaupten. "Do it" hieß eine Serie von Clips mit
Handlungsanweisungen, die vom museum in progress in Kooperation mit dem
ORF produziert und von Peter Payer mit den eingeladenen Künstlern
umgesetzt wurde. Das museum in progress erschließt immer wieder neue Medien und Räume -
der aktuellste Fischzug sind die Infoscreens in den Wiener
U-Bahn-Stationen. Dort haben mittlerweile nicht nur Plakatsujets laufen
gelernt, wie die aktuelle Plakat-Arbeit von Thomas Bayrle, es werden auch
Projekte eigens für die Infoscreens entwickelt - wie sie Serie
"Gebrauchsbilder" vorgestellt hat. Großbilder Eine Arbeit von Matthew Barney ist das aktuelle Bild am eisernen
Vorhang der Wiener Staatsoper - einer weiteren Spielfläche des museum in
progress.
Wer so raumgreifend agiert, dem kann es nie groß genug sein.
"Großbilder" nennt sich dem gemäß diese Programmschiene und ist eng an
ihre technische Machbarkeit gekoppelt. Und an die Firma Calsi, die jene
Drucktechnik für etwas größere Formate entwickelt hat - am eisernen
Vorhang sind das 176 Quadratmeter. Noch größer geht es auf der Fassade der
Kunsthalle Wien. 540 Quadratmeter sind die Sujets von Ed Ruscha, Walter
Obholzer, Gerhard Richter oder Douglas Gordon. Groß - und schnell
konsumierbar für die drive-by-Betrachtung aus dem Beifahrerfenster müssen
sie sein. Ken Lum auf der Kunsthalle Das neueste Bild stammt vom kanadischen Konzeptkünstler Ken Lum -
Titel: "There's no place like home". Was ihn besonders gereizt hat? "Ich
wollte eine Arbeit machen, die sich mit Identität auseinandersetzt,
speziell mit dem, was Freud das 'Unheimliche' genannt hat. Homi Bhaba und
viele Poststrukturalisten haben das als 'Heimatlosigkeit' interpretiert.
Heimatlosigkeit bezeichnet für mich genau diesen Konflikt, den jeder mit
sich herumträgt, zwischen der individellen Identität und ihrer oft
unangenehmen Interakion mit der Welt als solcher."
Ambivalente Heimatgefühle und die Kritik an den gesellschaftlichen
Auswirkungen des globalen Kapitalismus sind die thematische Vorgaben von
Ken Lum. Er möchte nicht so rigoros zwischen geschütztem Kunstraum und
öffentlichem Raum unterscheiden, ihm geht vielmehr darum, dass man am
jeweiligen Ort immer etwas Bestimmtes will. "Die meisten Künstler suchen mit ihrer Arbeit nach Konflikten. Ich
denke, weil sie fast alle aus einem Kunstverständnis der Linken agieren,
im Unterschied zur Rechten. Für die Künstler einer Rechten, die gibt es
sicher auch irgendwo, hat Kultur mehr den Charakter der großen Ewigkeit
und Tradition. Der Linken geht es dagegen um Auseinandersetzung. Und ich
finde, so muss Kunst sein." Tipp:
Zum 10-jährigen Jubiläum ist eine programmatisch unabgeschlossene,
dreibändige Ringbuchdokumentation zum mip erschienen, zu beziehen direkt
bei museum in progress, 1.,
Fischerstiege 1, Tel. (01) 533 58 40 | ||||||||||||
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