Salzburger Nachrichten am 29. Juli 2003 - Bereich: sonderbeilagen
Die Sammlungen und Galerien zeigen sich von ihrer besten Seite

Während der Festspielzeit ist das Angebot an Ausstellungen in Salzburg umfangreicher als in weitaus größeren Städten. Zu den hiesigen öffentlichen Sammlungen und privaten Galerien kommen Anbieter von auswärts, die sich während dieser Wochen hier präsentieren. Alle Beteiligten sind um hohes Niveau bemüht und wissen, dass sie in dieser Zeit mit einem besonders kunstverständigen Publikum und mit erfahrenen Sammlern rechnen können. So ungerecht es sein mag, eine der Ausstellungen besonders hervorzuheben, so sei hier doch auf ie Schau des Rupertinums hingewiesen, das in Zusammenarbeit mit internationalen Leihgebern das Werk Jean Dubuffets vorstellt.

ELISABETH RATH, WERNER THUSWALDNER

Rupertinum

Thema der Sommerausstellung, die das Rupertinum in Zusammenarbeit mit der Fondation Dubuffet, Paris, und dem Solomon R. Guggenheim Museum New York gestaltet, ist das vielfältige Schaffen Jean Dubuffets (1910-1985). Die Präsentation umfasst rund 120 Arbeiten Dubuffets (Papier, Gemälde und Skulpturen), darunter eine spektakuläre Werkgruppe aus "Coucou Bazar". Sie geben einen Überblick über die unorthodoxe Vorgangsweise des Künstlers.

Anhand von Schlüsselwerken werden die für den Künstler kennzeichnende Spannung zwischen Fiktion und Wirklichkeit dargestellt. Dubuffets Aussage "Kunst spricht zum Geist und nicht zu den Augen" könnte der Leitspruch der Salzburger Ausstellung sein. Die Werkauswahl setzt Anfang der 1940er Jahre (als Dubuffet beginnt, mit - aus damaliger Sicht - "kunstfremden" Materialien zu arbeiten) ein und reicht über den zeitlich längsten und umfangreichsten Werkzyklus, "Hourloupe" (1962- 1974), bis zu seinem Spätwerk in den 1980er Jahren. Innovativ, provokant und revolutionär prägt Jean Dubuffet wie kein anderer französischer Künstler die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts.

(Bis 19. 10.)

Residenzgalerie

Die zentrale Szene im Hofmannsthals "Jedermann" stellt eine Tischgesellschaft dar, deren Ausgelassenheit durch den Auftritt des Todes jäh unterbrochen wird. "Tischgesellschaften" in der Malerei sind das Thema der Sonderausstellung in der Residenzgalerie. Beim Letzten Abendmahl handelt es sich ebenfalls um eine Tischgesellschaft. Das von Anton Maulbertsch gemalte "Letzte Abendmahl", das sich in der Sammlung der Residenzgalerie befindet, gab den Anstoß zur Ausstellung. In der Tischgesellschaft drückt sich die Gesellschaft aus. Sie kann als aufwändiger, pompöser Akt gestaltet sein oder als eine intime Feier, als dramatisches Ereignis im Historienbild, als moralisierende Belehrung in der niederländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts oder auch als Momentaufnahme privaten Familienglücks. Stammtische dienen zum Austausch von Meinungen, aber vielfach auch Vorurteilen. Die Mischung der Stile wird angesichts der thematischen Ordnung in Kauf genommen. Das Kapitel "Tischgesellschaften in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts" gibt als Ausnahme ein stilistisch homogenes Erscheinungsbild ab. Vielfach lassen sich an der Anordnung bestimmte Hierarchien ablesen, und die Gegenstände bekommen außer ihrem Nutzwert symbolische Bedeutung. Einige Glanzpunkte der Schau sind: Das Gastmahl des Königs Belsazar von Frederik I. van Valckenborch um 1600 gemalt, das Hochzeitsmahl von Großherzog Ferdinand I. von Toskana und Christine von Lothringen von Domenico Cresti gen. Passignano, um 1589 entstanden, und Egon Schieles Plakat zur 49. Ausstellung der Wiener Secession von 1918, das eine Künstlerrunde mit Schiele, Gütersloh und Faistauer zeigt. (Bis 7.9.)

Salzburger Literaturhaus

Das Alphabet ist die Grundlage für jede schriftliche Äußerung. Die "ABC-Ausstellung" im Literaturhaus basiert auf einer Privatsammlung des Leiters, Tomas Friedmann. Sie konzentriert sich nicht bloß auf Lehrbücher zum Spracherwerb und zur Erlernung der Schrift, sondern umfasst auch Raritäten aus den Bereichen Künstlerbücher, Literatur, Sammlerobjekte, antiquarische Stücke, Werbematerialien, Alltagsgegenstände, Spiele, Konsumprodukte (Buchstabensuppe), Arbeitsmaterialien der Schriftsetzer und anderes. Insgesamt sind es über 600 Exponate. Auch Randbereiche wie Typografie, Werbedesign und Buchgestaltung sind berücksichtigt. Es werden auch Beispiele außerhalb der deutschen Sprache präsentiert. "Schrift im öffentlichen Raum" ist ein wichtiger Abschnitt der Schau. Eine Foto-Serie von Hermann Seidl bietet Einblick in den Arbeitsprozess von Graffiti-Künstlern. Außerdem wird eine gut fassbare Übersicht über die Entstehung und Entwicklung der Schrift geboten.

(Bis 20.11.)

Dommuseum

Der Titel der Ausstellung ist "Erzbischof Paris Lodron (1619-1653) - Staatsmann zwischen Krieg und Frieden". Der Todestag des Fürsten jährt sich heuer zum 350. Mal. Während seiner Regierungszeit wurde Europa durch den Dreißigjährigen Krieg schwer in Mitleidenschaft gezogen. Paris Lodron gelang es, durch entsprechende Politik sein Herrschaftsgebiet konfliktfrei zu halten. Nicht nur das. Paris Lodron setzte mehrere wichtige, äußerst folgenreiche Signale. In seiner Herrschaftszeit wurde (1628) der neue Dom eingeweiht, und Salzburg erlebte ein so großartiges Fest, wie es davor und danach keines gab. Die Salzburger Universität trägt seinen Namen, denn er hat sie 1623 gegründet. Die Künste blühten, wie die Ausstellung beweist. Klöster, Stifte und Bruderschaften wurden von ihm gefördert. Paris Lodron bekam am Ende seiner langen Herrschaft den Ehrentitel "Vater des Vaterlandes". Porträts zeichnen in der Ausstellung den Lebensweg Paris Lodrons nach. Ansichten der Städte und Pässe rufen die Befestigungswerke in Erinnerung, Waffen und Bilder den Krieg, vor dessen Hintergrund sich dieses Leben abspielte. Gemälde, Skulpturen, liturgische Gewänder und Geräte zeugen von der reichen Ausstattung, die die Kirchen und Stiftungen erhielten. Die silberne Madonna aus dem Domschatz (um 1620/1630) sowie die Szepter der Universität (1650/1655) geben einen Eindruck von dieser Pracht.

Zwei Installationen von Virgil Widrich machen die Themen der Ausstellung anschaulich, pädagogische Angebote begleiten die Schau. Der reich bebilderte Katalog enthält Aufsätze zu allen wichtigen Aspekten des Lebens und der Zeit Paris Lodrons.

(Bis 26. 10.)