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Kunstberichte

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Staubsauger beißen nicht

Aufzählung (cai) Der Staubsauger ist anscheinend der neue Wachhund für Einkommensschwache. Er kann den Einbrecher zwar nicht beißen (dafür tät’ sich ja ein scharfgemachter Rasenmäher eher eignen), aber er heult ihn immerhin unfreundlich an. Gut, genau genommen ist das Ding eh kein Arme-Leute-Wauwau mit Bewegungsmelder. Es führt uns bloß vor, wie man durch Staubsaugen Gas spart. Äh, weil Staubsauger Strom fressen und sowieso kein Gas? Nein. Indem der Sauger am Gaszähler nuckelt, zählt dieser rückwärts (theoretisch). Den Stromzähler bringt man übrigens mit Akupunktur dazu stehen zu bleiben. Die Objekte, die aussehen wie surreale Witze, sind also bitterer Ernst. Wirtschaftskrisenhumor.

Claire Fontaine. Zwei Leute wie Yin und Yang haben sich zu einer fiktiven Künstlerin vereint, die wie eine französische Schulheftmarke heißt und uns hier nützliche Tipps zur Sanierung des Haushaltsbudgets gibt. Sich Einbruchsbesteck zu basteln, erfüllt freilich eindeutig den Tatbestand der Notwehrüberschreitung. Hm. Und das Katzenklo, in dem es funkelt wie beim Juwelier? Eine Zurschaustellung von geradezu perversem Reichtum? Weil die Reichen halt unsensibel sind? Katzenstreu aus Diamantstaub (na ja, aus Glaskristallen) ist in diesen mageren Zeiten ja eine Provokation. Wie eine Gießkanne, die mit Champagner gefüllt ist. So harmlos sind die Arbeiten also gar nicht. Ab wann ist Kunst eigentlich illegal? Und mach’ ich mich schon strafbar, nur weil ich sie anschau’?

Gabriele Senn Galerie
(Schleifmühlgasse 1)
Claire Fontaine
Bis 1. August
Di. – Fr.: 11 – 18 Uhr
Sa.: 11 – 15 Uhr

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Bademeister sehen alles

Aufzählung (cai)Aus der Badewaschl-Perspektive (irgendwo zwischen der Frosch- und der Vogelperspektive) hat Massimo Vitali den totalen Überblick. Wie der David Hasselhoff (die roten Badeshorts von Malibu). Nur dass er auf seinem Hochstand mit der Kamera lauert und nicht mit der roten Boje. Obwohl seine wie Gemälde komponierten Fotos normales Freizeitverhalten zeigen, wirken die vollen Strände von dort oben so grotesk wie eine Hölle vom Hieronymus Bosch. Vitali weiß eben, wie man die Realität betrachten muss, damit sie als Kunstwerk zu erkennen ist.

Hilger Contemporary
(Dorotheergasse 5)
Massimo Vitali
Bis 31. Juli
Di. – Fr.: 10 – 18 Uhr

Printausgabe vom Mittwoch, 08. Juli 2009

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