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Hauptausgabe vom 27.06.2003 - Seite 007
KUNST VERFILMT: Vier Künstler in schlüssiger Zusammen-Schau

In die Endlosschleife gelockt

VON ULRIKE STEINER

Vier Künstler, deren Bandbreite die Arbeit mit dem Medium Film einschließt, präsentiert der OÖ. Kunstverein im Linzer Ursulinenhof in Zusammenarbeit mit der ASIFA Austria (International Animated Film Society) bis 25. Juli (Mo. bis Fr., 15 bis 19 Uhr) in der schlüssigen, räumlich klar konzipierten Zusammen-Schau "Kunst verfilmt".

Mara Mattuschka zeigt "id", für den die an der Linzer Kunstuniversität lehrende Künstlerin im März 2003 den "Diagonale"-Preis für Innovatives Kino bekam. "id" (=Identität) spielt mit den Prototypen des Alien, wie wir es aus Horror- und Science-Fiction-Filmen kennen. Beim Sturz über eine Rolltreppe fällt die Akteurin Mimi Minus gleichsam in die Tiefe ihres (oder auch des kollektiven) Unbewussten, in dem sie zu einem "Monster" mutiert.

Mattuschka: "Diese Wesen haben immer etwas Reptilhaftes, ihre Köpfe erinnern an Totenschädel und zugleich an das Kindchenschema. Sie sind geschlechtsneutrale "Es"-Gestalten." Das Motiv der Verdopplung und der Reproduktion schwingt mit. Mattuschka: "Es war mir zunächst selbst nicht bewusst, aber da ich während der Arbeit an ¸id` schwanger war, spielt auch das eine Rolle."

Mara Mattuschka setzte für "id" erstmals digitale Video-Technik ein, eine Erfahrung, die sie weiter auszubauen gedenkt. Sie zeichnet für ihre Filme stets ein Storyboard, dessen Vorgaben sie aber bei den Dreharbeiten regelmässig verlässt um spontan neue Wendungen zu suchen.

Filmisch dynamisiert

Wie ein Storyboard reihen sich postkartenkleine Einzelbilder zu Martin Anibas' "Pique-Nique" an einer Längswand des Ausstellungsraums. Über den Monitor jagen die gezeichneten Reiseimpressionen des Waldviertlers, filmisch dynamisiert, als rasende Fahrt durch eine imaginäre Landschaft in intensiven, mediterranen Farben.

Strenges Kontrastprogramm dazu die Arbeit des Linzer Künstlers Thomas Steiner. "O. T. 10" löst letzte Reste erkennbarer Realbilder auf in zeichnerische/malerische Struktur und Farbfläche. Arbeitsprozesse verzahnen und verdichten sich: Kunst- und Film-"Handwerk" gehen eine spannende Symbiose ein.

Begriffe aus der Biologie drängen sich angesichts der ausufernden, alles überwuchernden Bildwelt von Heimo Wallner auf. In Zusammenarbeit mit Thomas Renoldner entstand "Mao Tse-tung, Band II", eine arbeitstechnisch überaus aufwändige Durchwachsung der Buchseiten einer Mao-Bibel mit Wallners tuschegezeichneten, comic-haften Wesen. Dieses sich steigernde Aufblühen und Wegwelken seltsamer Geschöpfe wirkt wie die Evolution einer Kopfwelt im Zeitraffer, hat eine suggestive Saugkraft, die den Zuschauer hypnotisiert und in eine Endlosschleife lockt.

Cinéma pur

Am 15. Juli zeigt das Moviemento Linz ein Programm künstlerischer Animationsfilme aus Österreich mit Arbeiten von Eckhard Sonnleitner, Tone Fink, Martin Anibas, Mara Mattuschka, Peter Putz, Thomas Steiner, Thomas Renoldner und Heimo Wallner.

Mara Mattuschka: "id"


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