St. Gerold (VN-cd) Kleine, nackte Füßchen zappeln unter der
modernen Schulbank. Die Kinder, denen sie gehören, sind damit wohl
gerade durchs Gras gelaufen und spüren nun den warmen, schönen
Holzboden.
Ein Bild, das auf eine behütete Kindheit verweist, auf den
geregelten Schulalltag, aber auch auf Lebensumstände, in denen die
Natur noch ganz selbstverständlich zu erfahren ist.
Eine besondere Gabe
Wir sind im Großen Walsertal. Der Vorarlberger Fotokünstler
Nikolaus Walter hat die Aufnahme gemacht. Sie befindet sich in einem
Bildband, der nun unter dem Titel "Steiles Erbe" vom Verlag
Christian Brandstätter herausgebracht wurde. Die Propstei St. Gerold
zeigt eine Ausstellung mit diesen Fotografien, die vor allem in den
letzten zwei Jahren entstanden sind, die aber auch rund 25 Jahre
zurückreichen. Freilich dokumentieren sie damit auch die Entwicklung
einer Region, in der sich vor etwa 700 Jahren Walser angesiedelt
haben.
Nikolaus Walter wäre aber nicht jener viel zitierte
Autorenfotograf, wenn es ihm in erster Linie um das Aufzeigen von
Veränderungen - etwa von Eingriffen in die Landschaft - ginge,
Walter schafft es in der Tat, uns eine Region und Menschen einer
Region näher zu bringen. Dabei befreit er etwa Aufnahmen von der
schweren Arbeit der Bergbauern von jeglicher Heimattümelei und jene
vom kargen Alltag von jeglichem Zynismus. Dieser unvoreingenommene
Blick bedient die Betrachter nicht einfach, driftet nie ins Banale
ab, er fordert sie heraus. Eine besondere Gabe, die wir nur von ganz
wenigen kennen, etwa von Inge Morath.
Große Künstler
Das Jahresprogramm der Propstei St. Gerold wurde mit den Fotos
von Nikolaus Walter beeindruckend gestartet. Bis in den Herbst
hinein gibt es vor allem zahlreiche Konzerte großer
Künstlerpersönlichkeiten (der Trompeter Reinhold Friedrich oder der
Cellist Heinrich Schiff sind etwa dabei), die in den Jahren der
Zusammenarbeit mit Pater Nathanael zu Freunden der Propstei geworden
sind.
Nachwuchsförderung
Daneben ist es dem Propst ein besonderes Anliegen, junge Künstler
zu fördern und deren Werdegang zu verfolgen. Till Fellner, der
inzwischen zur Spitze zählt, ist als Jugendlicher hier aufgetreten.
In der Reihe "Auf dem Weg zum Podium" werden sich heuer
Sonderbegabungen aus Norwegen, Russland und der Slowakei vorstellen.
Nachdem in der Propstei gleich drei Enzenhofer-Orgeln errichtet
wurden, lädt Pater Nathanael immer wieder zu Konzerten mit
profilierten Organisten. Auf ein besonderes Highlight (so fern man
aus dem hochwertigen Programm überhaupt eines herausgreifen kann)
sei noch verwiesen: Percussionist Martin Grubinger tritt am 20. Juli
mit seinen Freunden auf.