Institutionalisierte Kunst?

Von Roland Schöny


Eine Nahaufnahme der Kunstszene Wien bringt diese Ausstellung. Ihr Titel bezieht sich auf die standardisierte Angabe, die sich am Ende zahlreicher Künstlerbiografien findet: "Lebt und arbeitet in Wien".

Christa Sommerer/ Laurent Mignonneau, Lifespacies II
Christa Sommerer/ Laurent Mignonneau, Lifespacies II

Gemeint sind damit keineswegs nur Künstler, die hier geboren wurden, sondern Künstler, die sich entweder entschlossen haben, die Stadt als Produktions- und Lebensmittelpunkt zu wählen oder eine spezielle Beziehung zu Wien haben. Kunsthallendirektor Gerald Matt sieht es als Hommage an die Wiener Kunstszene, aber auch als Positionsbestimmung.

Anna Jermolaewa, 3' Überlebensversuche
Anna Jermolaewa, 3' Überlebensversuche

Internationale Kuratoren

Zur Endauswahl der Werke wurden drei namhafte Kuratoren eingeladen. Paulo Herkenhoff vom Museum of Modern Art in New York und ebenso die in Barcelona lebende Kunstkritikerin Rosa Martinez, sowie Maaretta Jaukkuri aus Helsinki. Sie haben eine bunte, vielfältige Ausstellung konzipiert, in der größtenteils junge Positionen vorgestellt werden.

Elke Krystufek, Elke Krystufek in Exile
Elke Krystufek, Elke Krystufek in Exile

Breites Spektrum

Neben Elke Krystufek, die als Malerin und Aktionskünstlerin zu den gegenwärtigen Aufsteigern zählt, findet sich da auch der Fotokünstler Gregor Zivic, der irreale, verdreht wirkende Räume gestaltet, um sie dann mit der Kamera abzulichten, oder auch die aktionistische Boy Group Gelatin.

Weitere Teilnehmer sind etwa Julius Deutschbauer, der durch den Aufbau seiner Bibliothek der ungelesenen Bücher bekannt wurde, oder der sozialpolitisch orientierte Konzeptkünstler Florian Pumhösl.

Julius Deutschbauer, Maßnahmen zur gewerblichen Nutzung kreativer Leistung
Julius Deutschbauer, Maßnahmen zur gewerblichen Nutzung kreativer Leistung

Man ist also mit höchst verschiedenen Arbeiten konfrontiert und mit einer Ausstellung, die darauf schließen lässt, dass Wien auch über die großen Namen hinausgehend eine breite und florierende Kunstszene zu bieten hat.

Ruth Kaaserer, The Professionals Part 1
Ruth Kaaserer, The Professionals Part 1

Wenig wagemutige Künstler

Überraschend jedoch der Befund der Kuratorin Maaretta Jaukkuri. Sie meint, die Szene in Wien sei zwar hochinteressant, doch im Gegensatz zu Städten wie Berlin oder New York würden Künstler wenig riskieren. Autonome Projekte abseits der Galerien oder Institutionen könne man hier kaum finden.

Thomas Baumann, It suits the case
Thomas Baumann, It suits the case
Paulo Herkenhoff wiederum findet, dass sich trotz aller Verschiedenheit entfernte Bezüge zur Tradition finden lassen. Etwa zu Sigmund Freud, in den skandalträchtigen Arbeiten von Elke Krystufek, die sich selbst manchmal als Symptom bezeichnet.

Künstlerische Topografie

Die Ausstellung in der Kunsthalle Wien versteht sich aber auch als Momentaufnahme der gegenwärtigen kulturellen und politischen Situation in Wien. Darauf verweist ein Landkartenprojekt von Guillermi Kuitca. Der vom Designteam d+ gestaltete Katalog wiederum sieht aus wie ein Stadtplan und enthält einige Aufsätze zum Leben im Wien der Gegenwart.

Link: Kunsthalle Wien

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