Pastell und Hochflor wider die unkultivierte Linke: Marc Camille Chaimovicz in der Secession.
Wien - Ohne Gebrauchsanleitung müsste man sagen: "Da macht einer Möbel, die absolut nicht auszuhalten sind; Regale die auf abstrahierten, in Rosa getauchten Hühnerkeulen ruhen, Liebesbriefschreib- bzw. Schminktische, deren rechtes Bein ein in die Tiefe gedehntes lindgrünes Komma darstellt, in Richtung Drama drapierte Vorhänge, allerliebste Sonnenschirme, die ihre funktionale Herkunft aus dem Asiatischen nicht leugnen können, deren Bespannungsdesign aber ganz und gar nicht zur Meditation lädt.
Marc Camille Chaimovicz hat die jeden Präsidenten der Wiener Secession dominierende Serie "Möblage im White Cube" weiter ausgebaut und hat dazu Teppiche anfertigen lassen, die den Schweiß einer Revolution womögliche irgendwo im Hochfloor gebunkert haben, den zu riechen aber ohne Anleitung auch ein Ding der Unmöglichkeit darstellt.
Pastellig bunte Vorleger sind das, die vor allem eines schaffen: Sie stehen ganz klar den Intentionen von Konzeptkunst und Minimal Art entgegen; sie sind von einer verhaltenen Üppigkeit, die annähernd beschreibungsresistent ist, sie sind schlichtweg daneben. Aber, und jetzt kommt die Gebrauchsanweisung ins Spiel:
"Die großformatigen, asymmetrischen Teppiche liegen auf unterschiedlich hohen und sowohl horizontal als auch vertikal schiefwinkeligen Podesten, die die Funktionalität der getufteten Teppiche als Gebrauchsobjekte infrage stellen und diese gleichzeitig in den Status eines autonomen Kunstwerks zu erheben scheinen." "Scheinen" ist gut, stellt sich doch gerade angesichts des Werks eines Veteranen, (geboren im Paris der Nachkriegszeit), die Frage, ob das "Infragestellen" , ob die gegenläufige Haltung allein genügt, ob die Produktion von Mustern grandios genug ist, ob eine Haltung des avisierten Dazwischen ausreicht, die politische Linke Großbritanniens, die Chaimovicz - laut Gebrauchsanweisung - ebenso miterlebt hat, wie die 1968er-Studentenrevolte in Paris, vermittels einer Disco-Kugel, vermittels eines Bekenntnisses zu "Schönheit, und Leichtigkeit, Eleganz und kultiviertem Lebensstil" auszuhebeln.
Marc Camille Chaimovicz geht davon aus, das "hierarchische Verhältnis" zwischen angewandter und bildender Kunst lustvoll aufzuheben - mit einem Vorhang, der einem vorstädtischen Glam-RockBühnenbild entnommen ist und sich angeblich doch auf Mies van der Rohe bezieht oder zumindest diesem gewidmet ist - mit "elegant geschwungenen Linien, grazilen Formen und zarten Pastelltönen" .
Mit "Choreografien" , die nichts weiter vermitteln denn ein völlig hermetisches Universum, das "Assimilation" nur im Sinn von "angepasst" , von "Umgebaut-Werden" zulässt. Oder: "In dieser Vorliebe für Zwischentöne spiegelt sich die Ambiguität des künstlerischen Werkes wider, das immer irgendwie dazwischen angesiedelt ist", ein Dazwischen das ungemein fordernd sein kann, ein Dazwischen, das keinerlei Abweichungen zulässt. (Markus Mittringer, DER STANDARD/Printausgabe, 01.12.2009)
Bis 24.01.
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