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derStandard.at | Newsroom | Kultur | Bildende Kunst 
01. März 2009
18:42 MEZ

Bis 14. Juni

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Samlung Frieder Burda

 

In der zentralen Halle des Museums Frieder Burda: die Büsten von Erzherzog Leopold Wilhelm (li.) und Kaiser Ferdinand III. vor den Tapisserien mit Szenen des Kriegszugs von Karl V. gegen Tunis.

 


Die Sammelleidenschaft der Habsburger
Das Kunsthistorische Museum ist mit Alten Meistern auf Tournee

Nach der Präsentation im Guggenheim Museum von Bilbao gastiert es gegenwärtig mit "Die Künstler der Kaiser" im Museum Frieder Burda.

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Die Kooperation mit Guggenheim und der Eremitage hatte bisher nur einen Flop - eine gemeinsame Ausstellung in Las Vegas - gezeitigt. Und doch startete das Kunsthistorische Museum einen weiteren Versuch: Von Anfang Oktober 2008 bis Mitte Jänner gastierte es in Bilbao. An die 200 Exponate gaben einen Überblick über die von den Habsburgern in fünf Jahrhunderten aufgebaute Sammlung. Und da sich praktisch jeder Jakobsweg-Pilger den von Frank Gehry geplanten Solitär anschaut, wurden denn auch gut 280.000 Besucher gezählt.

Für den Kunsthistoriker Götz Adriani, von 1971 bis 2005 Leiter der renommierten Kunsthalle Tübingen, ging das Experiment, Alte Meister in neuer Architektur zu zeigen, aber ziemlich daneben: Die in der Regel kleinformatigen Bilder hätten, wie er sagt, in den riesigen Hallen "wie Briefmarken" gewirkt. Und doch lieferte ihm die Ausstellung im Guggenheim-Museum die Idee für eine Präsentation der KHM-Sammlung in Deutschland.

"Angenehmer Kulturschock"

Er wandte sich an Frieder Burda, der das von seinem Vater, dem Verleger Franz Burda, geerbte Vermögen in moderne bis zeitgenössische Kunst und schließlich in ein eigenes Museum investierte. Die Sammlung umfasst bereits 800 Werke (etliche Bilder von Gerhard Richter sind derzeit als Leihgaben in der Albertina). Und das gänzlich privat finanzierte Museum Frieder Burda in Baden-Baden wurde binnen weniger Jahre, seit 2004, zu einer ersten Adresse für die Kunst des 20. Jahrhunderts.

Wenngleich der strahlend weiße, von Sonnenlicht durchflutete Kubus von Richard Meier inmitten der idyllischen Parklandschaft nicht gerade prädestiniert erscheint, Alte Meister zu beherbergen: Frieder Burda wollte das Experiment ("eine Art angenehmer Kulturschock") wagen.

Adriani, der in Wien studiert hatte (und seither vom KHM begeistert ist), wollte die Sammelleidenschaft der Habsburger herausarbeiten. So gibt es natürlich Überschneidungen mit der Schau in Bilbao: Auch in der pittoresken Kurstadt sind etwa das Velázquez-Porträt der Infantin Maria Teresa, das Bildnis einen weißbärtigen Mannes von Tintoretto und der Abguss des Jünglings vom Magdalensberg (aus dem 16. Jahrhundert) zu sehen.

Wer das KHM kennt, wird von Die Künstler der Kaiser - von Dürer bis Tizian, von Rubens bis Velázquez aber ein wenig enttäuscht sein: Die wirklichen Meisterwerke fehlen. Bestückt wurde die Schau vor allem mit gediegener Ware aus der Sekundärgalerie. Er sei, sagt Götz Adriani, Realist genug, um zu wissen, was verliehen werden kann, und habe daher auch nicht auf Highlights bestanden: "Um die Sammelleidenschaft zu dokumentieren, brauche ich nicht den Vermeer oder einen Breughel."

Ein Werk aber wäre gerade ob des Themas sinnvoll gewesen: das "Galeriebild" von David Teniers (um 1651). Es zeigt Erzherzog Leopold Wilhelm inmitten seiner hochkarätigen Sammlung.

Und doch wartet die Präsentation (70 Bilder und 50 Kunstkammerobjekte) auf Vorschlag von Wilfried Seipel, dem KHM-Generaldirektor bis Ende 2008, mit einer kleinen Sensation auf: In der zentralen Halle im Erdgeschoß hängen sechs der insgesamt zehn monumentalen Tapisserien, die Kaiser Karl VI. zu Ehren von Karl V. in Brüssel "stricken" (so Frieder Burda) beziehungsweise wirken ließ.

Der Raum scheint mit seinen Proportionen wie geschaffen für diese Szenen aus dem Kriegszug gegen Tunis, die genau das Gegenteil von Briefmarken sind.

In Wien ist ja nur ein einziges Bild aus dem imposanten Comic-Strip ausgestellt. Baden-Baden weist mit einer herzförmigen Flasche, einem Pokal aus Rhinozeroshorn, einer Schale aus Bergkristall, einer Lavabo-Garnitur aus Silber und Perlmutt und vielen weiteren Objekten schmerzlich auf noch etwas hin: dass die Kunstkammer seit Jahren geschlossen ist. (Thomas Trenkler aus Baden-Baden/DER STANDARD, Printausgabe, 2. 3. 2009)

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