San Diego - Konrad Oberhubers Albertina-Begriff war der eines endlosen Studierzimmers. Möglichst alles sollte vorhanden sein, alles, was ein Kunsthistoriker benötigt: Originale und eine Bibliothek. Und möglichst kleine Gruppen von Studenten, denen man im Studiensaal dann auch wirklich das Original vorführen konnte - voller Ehrfurcht und stets begleitet von zeitvergessenen begeisterten Vorträgen über die Könnerschaft, über Details, über historische Zusammenhänge, die immer wieder auch die engen Fachgrenzen sprengten.
Konrad Oberhuber war einer der renommiertesten Grafikkenner des vergangenen Jahrhunderts. Sein Forschungsschwerpunkt galt Raphael, er hat über Mantegna gearbeitet, über Michelangelo, Tizian und Giorgione. Und er hat Zeitgenossen in die Albertina geholt. Auf Oberhubers Ankaufspolitik gehen die Konvolute an Robert Rauschenberg, an Sol Lewitt, Jannis Kounellis und Andy Warhol zurück. Dieter Roth hat er die Tür in die grafische Paradesammlung ebenso geöffnet wie dem Iren Jean Scully.
Vielleicht typisch für Oberhubers Verständnis von Kunst und dem adäquaten Umgang mit dieser: Zu einer Präsentation von Arbeiten Arshile Gorkys reichte er Kammermusik. Aus heutiger Sicht kamen wenige Leute damals. Aber Oberhuber war glücklich, sah seine Familie, ein paar Freunde, Kinder tanzen und mitten unter ihnen den musikalisch animierten Strich Gorkys.
Konrad Oberhuber, 1935 geboren, hat Kunstgeschichte in Wien studiert. 1961 arbeitete er erstmals für die Albertina. Dann folgten Berufungen an die National Gallery in Washington und nach Harvard. Von 1987 bis 1999 war er Direktor der Albertina. Konrad Oberhuber starb nach langer Krankheit am 12. September in San Diego. (Markus Mittringer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.9.2007)