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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
28. Februar 2007
20:27 MEZ
Foto: Roland Groß
Unter den wenigen bei "Artseasons" in den Bergen nahe Kapstadt vertretenen Künstlern aus Südafrika: Arbeiten von Karlien des Villiers bei Erdmann Contemporary (Kapstadt).

Neuer Marktplatz am Kap Hoorn: "Artseasons"
Nach 2004 und 2006 auf Mallorca, jetzt in den Weinbergen bei Kapstadt: Die Organisation (ArtInvestor) und die bekanntesten Galerien-Namen kommen aus München

Paarl - Wenn's dem Kunstmarkt (zu ?) gut geht , begibt er sich nicht nur aufs Eis. Ganz im Gegenteil. Er lässt es sich gut gehen in wohliger Wellness-Atmosphäre im südafrikanischen Sommer, der bei uns ein Winter ist, etwa unter den Reben des Franchhoek Valley. Ganz nebenbei gilt es, neues Kunstterrain zu sondieren, zu animieren. So jetzt geschehen zum mittlerweile dritten Mal, nach 2005 und 2006 auf Mallorca, unter dem Edel-Vermarktungs-Kürzel "Artseasons" in Paarl, eine Stunde nördlich vom südafrikanischen Kapstadt.

Im aktuellen Fall geschieht dies für vier Wochen und noch bis zum 4. März. Das Kunstmarkt-Phänomen "Artseasons", arrangiert vom Münchner Kunstmagazin ARTinvestor, ist verbunden durch ein Jointventure mit dem vor allem in der Filmproduktionsbranche tätigen Kunstsammler Franz Prinz von Auersperg, der auch als Artseasons-Schirmherr fungiert.

Artseasons, dem Selbstverständnis nach sowohl Privatinitiative und exklusive Network-Plattform, versucht das Geld zur Kunst (und umgekehrt) zu bringen, dies unter optimalen Außenbedingungen. Eine übersichtliche Schar Münchner (Terminus, Klüser, Thomas, Six Friedrich) und Berliner Galerien (Arnst&Partner, Caprice Horn, HofmannVonSell) fanden den Weg ans Kap Horn.

Ferner dabei aus Hamburg/Beirut Sfeir-Semler, aus der Schweiz Art&Public-Cabinet PH (Genf) und The Art Fund (Wollerau). Die Frage nach mehr südafrikanischen Teilnehmern ist berechtigt: Nur "iBi Art by Isa Gesseau" (Johannesburg) und Erdmann Contemporary (Kapstadt) sind vertreten. Was keineswegs repräsentativ ist. Artseasons selber vertritt einen recht bunten Strauß von Künstlern - von Anna von Auersperg, über Stefan Huber, Otto Piene und Irina Pollin, bis Rolf&Miriam Sachs. Wobei das europäische Galerien-Ensemble vor allem durch seine Kunst, persönlich aber eher weniger präsent war. Martin Ludorff, der vorerst noch für Marlborough Fine Art / London die Chancen sondiert, erhofft sich eine "Einführungsveranstaltung für eine neue Kundengruppe".

Das Angebot? Zum Auftakt am Kap wohl eine eher unaufgeregte Bandbreite von Baselitz, Sam Francis, Chamberlain und Penck, über Martin Heinig, Douglas Kolk und Will Ryman bis Yannick Demmerle und Peter Beard.

Ein Artseasons-Partner vor südafrikanischem Ort scheint fraglos vonnöten zu sein, nicht minder die Kommunikation mit den führenden südafrikanischen Familien und dem "new money" in der Finanz- und Industriemetropole Johannesburg. Potenzial ist vorhanden. Interessenten wie der farbige Gold- und Kupferminen-Mogul Sir Sam Jona, der der Artseasons-Verkaufsausstellung das große schwarze Geld zuführen könnte und dies wohl auch will, bilden noch die Ausnahme.

Zumindest beäugte der temperamentvoll-schwarze Besitzer eines weißen Rollce-Royce lebhaft ein Gemälde Frank Stellas von 1988 (Terminus).

Wobei zum Südafrika-Auftakt von Artseasons, vor dem relaxten Hintergrund einer soft möblierten Edel-Zelt-Lounge und unter dem gleißenden Mond des dunklen Herzens Afrikas, Arbeiten von Michael Poliza, Lukas Maximilian Hüller, Loretta Lux, Sylvie Fleury im Preisbereich um und über 10.000 Euro abgesetzt werden konnten.

Neben südafrikanischer Weingut-Prominenz, war zum Auftakt viel Münchner (Ferien-) Publikum erschienen. Sicherlich nicht nur wegen Michelle McLean, Miss Universe von 1992, die den Abend moderierte.

Noch scheinen die alternativen Reize des Pool-Wasserfalls im Western Cape Hotel von Kleinmond oder die Spa-Ebene im 19. Stockwerk des Arabella Grand Hotel mit traumhaftem Waterfront-Kontakt künstlerisch unanfechbar zu sein: Bewusster Kunst kaufen und das andere nicht lassen wäre wohl die ideale Kap-Lösung. Sir Sam Jona wird darüber hinaus sein Bestes versuchen.

Südafrikas zeitgenössische Kunst ist vital, extrem kritisch und betreibt ein genuin drastisches "Storytelling", das in Europa so nicht zu finden ist. Vor allem die Erdmann-Offerten belegen dies mit Künstlern wie Roger Ballen, Lien Botha, Brendhan Dickerson, Terry Kurgan, Johann Louw, Themba Shibase oder Karlien de Villiers und Manfred Zylla: ein 1939 in Augsburg geborener Künstler, dessen heftig-comichafte Bildgeschichten immer wieder vom Miterleben der tödlichen Unruhen in Soweto Mitte der Siebziger geprägt sind.

Schmale Niesche

Angesichts größter Bildungs- und Sozialprobleme innerhalb der breiten Bevölkerung besetzt der Kunstmarkt am Kap eine extrem schmale Nische - mit allerdings extremer Kaufkraft. Zum südafrikanischen Auftakt wurde "Artseasons" , bei Projekt-Gesamtkosten von 500.000 Euro, gesponsert mit jeweils 200.000 Euro von dem Projektentwickler Fidentia und Daimler Chrysler South Africa, wo Jürgen Schrempp in den Siebzigern seine Karriere startete, inzwischen dort Farmbesitzer und Honorarkonsul von Südafrika ist.

Aktuelle südafrikanische Kunst ist bis 11. April in der Salzburg, dort im "Hangart-7" - unter dem Titel Turbulence zu sehen. (Roland Groß / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.3.2007)


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