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27.02.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Die Ratte und der Maler
VON ALMUTH SPIEGLER
Salzburg. Rupertinum und Ropac zeigen Hubert Scheibl einmal ganz anders.

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ewaltig strömt es violett aus den unbekannten Weiten, bäumt sich im Zentrum zur Woge auf, ver dünnt sich an der Oberfläche schnell zu Schlieren aus zartem Lila, und während links unten schon strahlend das Gelb hervorbricht, steht an der Wand neben der wuchtigen, fast vier Meter langen Leinwand lapidar: "Läufer schlägt Bauer G2". Der Cineast vielleicht erkennt noch das Zitat aus Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum", zwingt Hirn und Augen zu einer assoziativen Schnitzeljagd, bis, durch schiere intellektuelle Verzweiflung geläutert, dann endlich Ruhe einkehrt. Zu spät. Hubert Scheibls chaotisches Weltbild und unfassbare Bildwelt haben ihn längst eingesogen.

Mächtige Farbräume, unergründlich in der Schichtung, manchmal aufgefächert zu gleißenden Spektren oder verdichtet zu diffus leuchtenden monochromen Nebelwänden, mutig mit irritierend konkreten Titeln versehen, mehr Fallen als Schlüssel - so schätzt man den Maler seit den 80ern. So zeigte man ihn in seiner großen Retrospektive im 20er Haus 1998/99, als der Sci-Fi-Fan gerade seinen Dialog mit dem Film aufgenommen hatte, so schickte man ihn mit seiner abstrakten Kollegen-Gruppe aus Zeiten der "Neuen Malerei" 2005 auf Tournee durch China, so kehrte seine Kunst zurück nach Wien. So - vor allem aber völlig anders - ist Scheibl jetzt in Salzburg eingezogen.

Das Rupertinum zeigt in trauter, wechselseitig profitabler Zweisamkeit mit Galerist Thaddaeus Ropac neue und neueste Arbeiten des Gmundners mit Schwerpunkt auf das vergleichsweise unbekannte Werk auf Papier. Und was sich hier plötzlich abspielt, ging - bisher - sozusagen auf keine Leinwand. Schwelgte Scheibl zuvor auf Papier einem lyrisch abstrakten Liniengewusel, ist mit der Serie der "Psychonautiker" plötzlich eine ziemlich surreale Dingwelt eingebrochen. Auf übermalten Fotos sprießen Pilze, steht ein Plastik-Freud vor einer Couch, schnüffelt ein fettes weißes Schwein an einer primitiven, in einem Kübel stehenden Holzskulptur. Als ironische Hauptfigur aber, den Maler als solchen karikierend, windet sich eine Farbtube durch diese Inszenierungen, sitzt ganz zerknittert auf einem Thonet-Sessel, lässt sich therapieren, scheut vor einer großen Ratte zurück.

Fast zärtlich überzieht Scheibl diese Szenen mit Strichen, Spritzern, Klecksen und Wischern mit einer ersten Schichte seiner Malerei, zieht Gegenständliches hinüber in andere Sphären. Denn: "In nur einer Realität hält man es sowieso nicht aus", meint er dazu. Mit seinen neuen Bildern wolle er sich selbst untergraben, Pathos vermeiden, Brüche schaffen - und das hat ihm offensichtlich enormen Spaß gemacht. Anders ist diese schwarze Ratte nicht zu erklären, wie sie völlig ungerührt in einer Scheiblsche Farbkomposition zum Stehen kommt.

29.000 € kostet diese Absurdität bei Ropac. Etwa alle eineinhalb Jahre passe er bei Scheibl sanft die Preise an, erklärt der Galerist. Zuletzt war das vor der China-Tournee, die interessanter Weise nicht im asiatischen, sondern im österreichischen und deutschen Raum für gesteigerte Nachfrage gesorgt hat. In Salzburg kosten Ölgemälde jetzt 14.000 bis 59.000 Euro, Papierarbeiten 2500 bis 6500 €. Bereits vor der Eröffnung am Wochenende war die Hälfte verkauft.

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