Quer durch Galerien
Bummelzug durchs Weltall
Von Claudia Aigner
Raumschiffe sind ja eigentlich auch nur ein
Schienenersatzverkehr. Das würde wohl nur ein sehr selbstbewusster
ÖBB-Generaldirektor so unterschreiben. Aber irgendwer scheint trotzdem die
Raumfahrt auf die Schiene verfrachtet zu haben. Wo sonst sollten die -
allerdings nicht ganz koscher aussehenden - Beweisfotos her sein, die in
der Galerie Ariadne (Bäckerstraße 6) hängen? (Noch bis zur Sternzeit
0209,14, oder so ähnlich. Also, gregorianisch gesprochen: bis zum 14.
September.) Sternzeit 7412,6 (nein, eher ein bissl früher): Eine
romantisch nostalgische Odyssee im Weltraum. Mit dem Bummelzug nämlich.
Vor dem Zugfenster schwebt ein Astronaut schwerelos vorbei. Vielleicht ein
Fahrgast, der den gutgemeinten Hinweis auf der Scheibe ("Nichts
hinausstrecken") ignoriert hat und der - schwupps! - gnadenlos aus dem
fahrenden Zug ins All gesaugt worden ist. Drinnen im Zugabteil flattert
ein Vorhang mit der Aufschrift "DR" (Deutsche Reichsbahn) bei offenem
Fenster sanft in der Zugluft und man kann sich lebhaft vorstellen, wie der
Sonnenwind den potenziellen Passagieren durch die Haare streicht (bzw.
ihnen die Frisur abfackelt). Aber weil George Lucas und Stanley Kubrick
niemals Lokführer bei der Deutschen Bahn waren und aus der Warteschleife
der deutschen Zugsauskunft ja nicht einmal "Also sprach Zarathustra"
dröhnt, werden es wohl doch eher Fotomontagen sein. Leute von der dunklen
Seite der Macht (kurz: Schwarzfahrer) warten bei ihrer nächsten Zugfahrt
also doch lieber mit Bangen auf den Schaffner als auf die Rückkehr der
Jedi-Ritter. "Mind the gap" (auf Österreichisch: "Hoit, do is a Spoit,
passt' s auf, doss kana einefoit"): Michaela Göltl und Christa Zauner
haben hier voller Lust am Irritieren und voller Freude am Kollaps des
Raum-Zeit-Kontinuums ein paar Science-Fiction-Filmstills mit Aufnahmen von
einer Bahnfahrt nach Osteuropa kombiniert. Mr. Spock (zwar bloß ein
Halbvulkanier, aber er ist ganz Ohr) oder die blecherne Schwedenbombe R2D2
und ihr naiv zweibeiniger Spezi C3PO mit dem Blechtrottel-IQ haben auf
ihren Bildschirmen merkwürdigerweise einen tschechischen Provinzbahnhof.
Relativitätstheoretischer ausgedrückt: Wenn sich die Besatzung der
Enterprise mit Warp 6 die Geleise von Berlin bis Prag entlang pfeffert,
ist sie beim Aussteigen etwa um 360 Jahre jünger als die Vergleichsgruppe
der ÖBB. Das ist das so genannte "Einsteinsche Bundesbahnen-Paradoxon"
(oder so). Nicht weniger verstörend (und die Schaulust aufs Höchste
animierend): Michaela Göltls Fotoserie "Transformation". Haut im
fließenden Übergang zum perfekt glatten, gänsehautfreien Polyäthylen. Eine
erschreckende Vorstellung: Schönheitswillige Personen aus der
Einweg-PET-Flaschen-Gesellschaft könnten von der Evolution einmal
ertrotzen, dass sie quasi zu ihrem eigenen Regenmantel mutieren. Freilich
müssten sie dann Komplimente verkraften wie: "Dein BillaSackerl sitzt aber
heute wieder faltenfrei, ich mein': dein Gesicht." Eigentümlich komisch:
Die von Christa Zauner Fotografierten dürften im Einzugsgebiet eines
schwarzen Loches leben. Die Gravitation zieht vom Scheitel her
unerbittlich an ihrer Physiognomie. In Wirklichkeit hängen alle einfach
nur mit dem Kopf nach unten da, spielen also Australier. (Na ja, eine
Laienspielgruppe halt.)
Erschienen am: 06.09.2002 |
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