Die Jungen haben heute
einfach keinen Feuereifer mehr“, meinte Markus Prachensky zu seinem 75.
Geburtstag 2007 im „Presse“-Interview. Feuer hatten die Maler der
Nachkriegszeit genug gesehen. Sie stürzten sich mit Eifer auf die Kunst
des Auslands: Frankreich (Informel), Amerika. Speziell der in den USA
beheimatete Abstrakte Expressionismus – einer seiner wichtigsten
Vertreter, Cy Twombly starb jüngst – zog den Innsbrucker Prachensky an.
1952 übersiedelte der Sohn eines Architekten nach Wien. An der Akademie
studierte er bei Architekt Lois Welzenbacher. Doch wechselte er bald
zur Malerei, freundete sich mit Wolfgang Hollegha, Joseph Mikl, Arnulf
Rainer an. Heute wirken Farbflächen manchmal etwas einförmig.
Kampfansage an die NS-Zeit.
Damals hatten sie auch eine politische Aussage: Nach dem biederen
Realismus der Nazizeit sollten Farben spontan, wild und fröhlich aus
ihren Konturen strömen. Das Leben selbst wurde gefeiert und gleich
wieder übermalt (Rainer), im Bewusstsein seiner dunklen Seite.
Um
Monsignore Otto Mauer und seine Wiener Galerie nächst St. Stephan
sammelte sich die Avantgarde. Prachensky war dabei. Werner Hofmann,
Gründungsdirektor des Wiener Museums moderner Kunst, zeigte Bilder von
Prachensky, Rainer, Hollegha, Mikl in der Secession. Der neue Stil
löste die ewige „Kann das nicht jeder?“-Kontroverse der Kunstgeschichte
aus.
Prachensky war nicht nur ein großer Maler, sondern blieb immer
auch ein kantiger Tiroler: „Ich wollte kein liebes Burli sein, sondern
etwas nach der Zeit des NS-Terrors verändern“, sagte er und stellte
erstmals das französisch inspirierte Schüttbild in Wien vor. 1959
zeigte er bei der Documenta II in Kassel Grafiken – und sorgte für
Aufsehen mit der Vorführung seiner „Peinture Liquide“ im Theater am
Fleischmarkt in Wien. Die Frage, wer zuerst geschüttet hatte, löste
eine anhaltende Kontroverse mit Hermann Nitsch aus. Profitiert haben
alle zwei: Werke beider sind heute enorm gefragt und kostspielig.
Farbenspiele aus aller Welt, Jazz.
Prachensky war sprachbegabt und reiste viel. Überall fand er
Farbwunder: in der Wüste, an den Salzseen Kaliforniens, in Mexiko City,
Bali, Bangkok, Mauritius und vor allem in Italien. Seinen Werken gab er
passende poetische Titel: „Die rot-rote Reise des Markus P.“, „Umbria
Quartetto“, „Poseidon Stomp“. Wie alle Nachkriegskinder liebte er
besonders den Jazz – ebenfalls verboten in der NS-Zeit – und bezog etwa
Duke Ellington in seine Arbeiten ein: 1977 entstanden die Serien über
„S. Angelo-Duke“. 2007 griff er das Thema neuerlich auf und malte
„Swing de Provence“. In seiner zweiten Frau Brigitte fand Prachensky
seine Lebensliebe und Muse. Ab 1970 gab es nicht nur künstlerischen,
sondern auch finanziellen Erfolg. „Sein Gewicht stieg synchron zu
seinem Einkommen“, spottete die Gattin. Doch es war mehr als die Waage,
was Prachensky zu schaffen machte: Autolackfarben, die er verwendet
hatte – und Zigaretten. Sein 75. Geburtstag wurde groß gefeiert: Die
Sammlung Essl – Karlheinz Essl ist auch ein großer Nitsch-Fan – stellte
Prachenskys Früh- und Spätwerk aus. Bundespräsident Fischer überreichte
seinem Freund das Große Goldene Ehrenzeichen. Nach schwerer Krankheit
ist Prachensky nun gestorben.
ORF 2 ändert am Sonntag, den
24. 7., sein Programm und zeigt: „Rot ist die Farbe meines Lebens –
Markus Prachensky im Portrait“ (10.05 h).