02.06.2003 21:04
Eine Piazza in Blitzblau
Urbane
Qualitäten in Museumsquartier Höfen - Irgendwann wird es eine Schlägerei geben -
Weil es zu wenige blaue Trümmer gibt
Wien - Irgendwann wird es eine Schlägerei geben. Weil es
zu wenige blaue Trümmer gibt. Und weil die, die am "besten" - neben einem der
Schanigärten oder rund um den kleinen Babypool vor dem Leopold-Museum -
positioniert sind, belegt sind, sobald sich die Sonne blicken
lässt.
Der Platz funktioniert
Trotzdem lacht Wolfgang
Waldner. Weil der Platz funktioniert. Endlich. "Die Resonanz übertrifft all
unsere Erwartungen", jubelt der Direktor des Museumsquartieres. "Man muss eben
einen längeren Atem habe - jetzt realisieren die Leute, dass hier mehr als eine
Ansammlung von Kunst und Institutionen ist."
Urbane
Qualitäten
Auch wenn Waldner noch keine aktuellen Frühjahrszahlen
hat: Heuer scheint sich herumgesprochen zu haben, dass der Haupthof des
Museumsquartieres urbane Qualitäten hat, für die man sonst oft und mühselig nach
anderswo reist: Schon im November besuchten knapp 1,18 Millionen Menschen die
Museen - aber zwei Millionen kamen ins Quartier. "Die aktuellen Zahlen dürften
die Akzeptanz noch deutlicher illustrieren." Doch auch ohne Zahlen stützt ein
kurzer Blick über die 10.000m²-Piazza zwischen den Museumsbunkern Waldners
Behauptung.
Menschenmassen. Auf Bänken. Auf Stufen. In
Gastgärten
Noch vor einem Monat, als die MQ-Direktion selbstbewusst
dekretierte, dass der Sommer Anfang Mai begänne, hätte nicht einmal der Optimist
Waldner ein so euphorisches Bild gezeichnet: Menschenmassen. Auf Bänken. Auf
Stufen. In Gastgärten. Und auf den blauen Sofas.
Und es sind nicht bloß
von der Kunst ermüdete Touristen, die Beine und Seele baumeln lassen: Ginge es
nach (Klein-)Kinderwünschen, wäre das (erwachsenen-)knöcheltiefe Planschbecken
vor dem Leopoldmuseum schon im Vorjahr taxfrei zum einzigen innerstädtischen
Freibad erklärt worden. Für Waldner ein nicht ganz unproblematisches Thema: In
der Frage, wie weit man Dinge einfach geschehen lassen könne, verfolge er "eine
Politik der Duldung. Kindern im Sommer das Planschen zu verbieten, wäre kein
freundlicher Akt. Aber wenn Erwachsene sich die Haare waschen, werden wir
einschreiten."
Time Out in Rot
Neben den blauen Sitz-,
Knotz- und Kletterelemente soll seit Anfang dieses Monats aber auch ein rotes
Gebilde das MQ als Ort für das urbane
"Time-Out" qualifizieren: Der "Red
Room" ist ein leerer, 17 Meter langer Bau aus Fichtenholz. Die Frage nach dem
Zweck sei fehl am Platz heißt es: man möge durch den Schlauch schlendern - die
Ruhe des Raumes werde die Hektik der Stadt verpuffen
lassen.
Atmosphäre von Entspannung
Freilich: Allumfassend
hat die Atmosphäre von Entspannung und Kontemplation das Kunstviertel noch nicht
erfasst. Seit erstem Juni ist der Durchgang zur Breite Gasse - der "Durchstich"
in den siebenten Bezirk - gesperrt. Auf dem bis jetzt als Hundeklo genutzten,
leeren Baulos errichtet Carl Pruscha ein Haus - der Durchgang soll ab Oktober
wieder möglich sein. Doch auch vor dem MQ sollte sich demnächst wieder etwas
tun.
Um die Sichtbarkeit des Komplexes von außen zu verbessern, findet
ein Wettbewerb zur Gestaltung des Vorplatzes statt (Vorsitz: Coop-
Himmelb(l)au-Kopf Wolf D. Prix). Schließlich, schließt sich Waldner einen der
ältesten Kritikpunkte am MQ-Konzept an, dürfe Österreichs Vorzeigestätte
moderner Kunst "nicht einfach hinter 400 Metern barocker Fassade versteckt
bleiben." Auch dann nicht, wenn sich die Existenz des Areals mittlerweile sogar
bis zu den Wienern herumgesprochen hat. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD
Printausgabe 3.6.2003)