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vom 22.03.2011 - Seite 024
Zechyrs Werk bekommt eine Heimat

Das Land Oberösterreich erwarb nun die "Sammlung Othmar Zechyr" vom Wiener Ehepaar Renate und Gernot Heiss. Rund 60 Zeichnungen, 130 Druckgrafiken und ein Ölgemälde des großen Linzer Künstlers (1938-1996) wurden gestern in den Bestand der Landesgalerie aufgenommen.

Von Peter Grubmüller

Die Sammlung gilt als bedeutendster Beleg des zeichnerischen und druckgrafischen Werks Othmar Zechyrs. Für die kommenden sechs Jahre wurde eine Ratenzahlung des Kaufpreises von insgesamt 450.000 Euro vereinbart, Werke im Wert von rund 40.000 Euro ergänzte das Ehepaar Heiss als Geschenk. "Wir sind uns ja schon länger einig, aber dem Land Oberösterreich hat bisher das Geld gefehlt. Ich bin froh, dass es jetzt so weit ist", sagt Gernot Heiss, der Wiener Sammler und langjährige Freund Othmar Zechyrs.

Es muss 1970 gewesen sein, vielleicht ein Jahr auf oder ab. Der Geschichte-Student Gernot Heiss wollte eine Zeichnung erwerben, unbedingt eine von Othmar Zechyr. "Tatsächlich hab' ich sie mit dem Geld meiner Frau gekauft, weil ich mir das als Student gar nicht leisten konnte", sagt Heiss.

Kleinbürgerlicher Berater

Es wurde ein Geschäft der Gegensätze, der fleißige, pflichtbewusste Historiker paktierte mit dem erbarmungslosen Chaos des Künstlers.

Zechyr kostete das Leben nicht bloß, er fraß es samt aller ungesunden Happen. Der heute pensionierte Universitätsprofessor Heiss eignete sich blendend dazu, den Zeichner bei dessen raren Sehnsuchtsmomenten nach Ordnung und Besonnenheit zu beraten. Heiss: "Damals hatte Zechyr enorme Schulden, der Exekutor besuchte ihn oft. Othmar fragte mich damals, ob er prämiensparen sollte. Er hatte gehört, dass das günstig sei. Ich fragte ihn nur, ob er endgültig wahnsinnig geworden war: Die Zinsen für seine Schulden fraßen ihn auf - und er wollte prämiensparen. Ich war der kleinbürgerliche Berater, den er brauchte, gewissermaßen sein Kindermädchen, das hat er auch so akzeptiert."

So war Zechyr, den Gesetzmäßigkeiten der Welt abhanden gekommen, von seinem Bild eines Künstlers verführt - und mit fantastischem Strich ausgestattet. Er führte die von Klemens Brosch und Alfred Kubin begründete Tradition großer oberösterreichischer Zeichner in die Gegenwart und starb 1996 mit nur 58 Jahren.

Heiss: "Sein Ende war auch eine Folge seiner Exzesse. Wenn ich dabei war, hat er seine exzessiven Seiten unterdrückt, weil er wusste, dass mich das sehr belastet. Zechyr hatte sehr rücksichtsvolle und liebevolle Seiten, obwohl er natürlich ein unglaublicher Egoist war."

Für Heiss hatte sich ein absurdes Schaufenster aufgetan, das er gerne betrachtete - eine glänzende Chance auf "Sekundärerlebnisse, weil mir das alles verborgen geblieben wäre, was der Othmar so erlebte und erzählte. Zechyr hatte ständig Probleme mit der Polizei - ich nie. Das war eine Welt, die ich gar nicht gekannt hatte."

Brüder und Verwandte

Mit seinen eigenen Käufen bemühte sich Heiss, Zechyrs Not zu lindern. "Ich habe auch fünf Brüder, und drei davon waren neben einigen Bekannten oder Verwandten ebenfalls dafür ansprechbar, Othmar einiges abzukaufen", sagt Heiss, der die Werke auch für die großen Zechyr-Ausstellungen 2001 im Wiener Kunsthistorischen Museum und kurz danach in Linz zusammentrug.

Einige von Zechyrs Arbeiten behielt Heiss dennoch, seine Töchter sollen später auch einmal etwas erben. Darüber hinaus arbeitet er gerade daran, eine Art Werkverzeichnis von Zechyrs Arbeiten zu erstellen - wie lückenhaft das auch immer werden wird. Heiss: "So etwas wird zwangsläufig lückenhaft, weil der Othmar völlig unfähig und hilflos dabei war, seine Arbeit zu dokumentieren." Auch dieses Werkverzeichnis wird Gernot Heiss der Oberösterreichischen Landesgalerie übergeben.

Die Landesgalerie wurde um Zechyrs Arbeiten reicher.

Gernot Heiss




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