Wien Museum: Fotoarbeiten von Henri Cartier-Bresson und Willy
Römer
Entdecker einer Struktur der Stadt
Von Brigitte Borchhardt-Birbaumer Im Rahmen des "Europäischen
Monats der Photographie" ist Henri Cartier-Bresson (1908 bis 2004) mit
seinem sehr persönlichen Blick auf seine Heimatstadt Paris zwischen 1929
bis 1975 im Wien Museum bis 9. Jänner 2005 mit etwa 130 Arbeiten ein
prominenter Auftakt.
Im Austausch bekam Paris 60 Originalabzüge des
Wiener Dokumentar-Fotografen August Stauda (1861 bis 1928) für sein Museum
europäischer Fotografie. Dritte im Stadtbund ist Berlin mit Willy Römer
(1918 bis 1948), dessen Presseaufnahmen aus der Weimarer Republik im
Atrium des Wien Museums allerdings nur bis 5. Dezember präsentiert werden.
Im Gegensatz zu seinem französischen Kollegen ist Römer, trotz seiner
Bild-Chronik der revolutionären Unruhen von 1918, ebenso unbekannt
geblieben wie Staudas Blick ins Alte Wien. "Henri Cartier-Bresson. Die
Essenz von Paris" führt den Meister der magischen Veredelung des
"Kunstlosen" vor, der eigentlich eine Ausbildung als Maler bei André Lhote
absolviert hat und ab den 70er Jahren wieder malte. Die Schau hat er noch
selbst in Paris mit Jean-Luc Monterosso und Daniel Arnault
zusammengestellt. Letzterer ist Mitglied der von Bresson und Robert Capa
1947 gegründeten Agentur "Magnum", die alle Starreporter der Fotografie
vereinte (u. a. auch die Österreicherin Inge Morath), und deren Arbeiten
in gleiche Wertigkeit hob wie den journalistischen Text. Titel wie
"Das Auge des Jahrhunderts" haben Bresson auch in Susan Sontags Essay über
den "Heroismus des Sehens" eingeordnet: Seine angeblich nie gestellten,
aber sehr strukturierten (bis zum goldenen Schnitt ausgeklügelten)
Kompositionen sind wohl auch Ergebnisse der Sicherheit eines Malers, der
Augenblicke sammelt, um Mensch, Licht und Bewegung einzufangen. Eine
schnell einsetzbare, kleine Leica begleitete ihn ab seinem 23. Lebensjahr.
Er bediente sie, wie André Pieyre de Mandiargues es spitzfindig
beschreibt, in der Art der automatischen Schreibweise der Surrealisten.
Die Facetten von Paris
Henri Cartier-Bresson
dokumentierte alle Facetten der Stadt Paris: Politische Aufstände bis
1968, die Professoren der französischen Akademie wie die Bettler, die
Alltagsgesichter wie die Philosophen und Künstler, das Café und die Parks,
die Bahnhöfe, Straßen, die Damen und die Rauchfangkehrer, den Markt und
die Gosse, das Nachtle-ben und die nebeligen Morgen, sogar den Schnee, die
Bäume und die Laternen. Obwohl er auf teilweise gefährlichen Reisen (im
Krieg geriet er in deutsche Gefangenschaft und ging danach zur Résistance)
ebenso unermüdlich tätig war, ist Paris das eigentliche Zentrum seines
fotografischen Werks und ein Schnappschuss wie die sich Küssenden in einem
Café oder der Wasserläufer am Gare Saint-Lazare sind Klassiker, die in
jedem Foto-Lexikon zu finden sind. Damit ist Cartier-Bresson auch Chronist
des Jahrhunderts und hat unseren historischen Blick mit geprägt. Bei
der geordneten Struktur, die er seiner Stadtwelt zudachte und seinem
sichtbar großen Vergnügen an der Form fällt es schwer zu glauben, dass der
große Flaneur durch Paris darunter gelitten hat, kein besserer Maler
gewesen zu sein. Der vielfach Ausgezeichnete, der auch als Regieassistent
Jean Renoirs gearbeitet hat, war in erster Ehe mit einer indonesischen
Tänzerin verheiratet; 30 Jahre später heiratete er die Fotografin Martine
Franck und adoptierte eine Tochter. Im vergangenen Sommer verstarb das
Vorbild der jungen Generation (z B. Andreas Gursky) in seinem Haus
nördlich von Marseille.
Erschienen am: 05.11.2004 |
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Ausstellungen vom 6. bis 12.
November
Wien Museum: Fotoarbeiten von Henri Cartier- Bresson und Willy
Römer
Otto- Mauer- Preis 2004 vergeben
Kunstsinnig
Ausstellung: Epi Schlüsselberger und Valerie Schmid
Kunstbiennale in Liverpool, Europas Kulturhauptstadt des Jahres 2008, mit
österreichischer Beteiligung
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