Neil Postman drohte 1985: "Wir amüsieren uns zu Tode". Warum ähnelt Thomas Schüttes Amüsiermuseum einem Sarg?
Wien - K - I - N - O: Es sind vier große rote Leuchtbuchstaben, wie sie auf jedem Lichtspielhaus angebracht sein könnten. 1997 lockten die rot glimmenden Lettern allerdings nicht ins Kino, sondern sorgten auf der damals neuen Ausstellungshalle der documenta X für ein "präzises Missverständnis": So bezeichnete Künstler Peter Friedl seinen umwidmenden Eingriff, der auch die Frage in den Raum stellte, ob nicht ein Kino die bessere Alternative zur elitären Kunstausstellung gewesen wäre. Sich von Kunst berieseln und einlullen lassen, wie es Monica Bonvicini mit ihrer Antidepressiva-Kette Prozac vorschlägt? Oder passiv Filmbilder konsumieren, statt aktiv Bezüge herstellen?
So wie etwa im Hauptraum des Künstlerhauses: Da stehen die Buchstaben nicht weit von jenem Flügel des Ringstraßenbaus entfernt, wo heute tatsächlich ein Kino untergebracht ist - kein hauseigenes Arthouse-Kino, sondern eine kommerzielle Raum-Vermietung, wie sie insbesondere im letzten Drittel der 150 Jahre alten Künstlerhausgeschichte eine leider allzu notwendige Rolle spielte. Das Museum als Renditekiste? Oder als Amusement - Pardon, Amuseument - wie Thomas Schütte zwei seiner Kunsttempel in Modellgröße taufte.
In der Ausstellung Beziehungsarbeit, die sich unter anderem dem oft kritischen Verhältnis zwischen Künstler und Institution widmet, reflektiert sich das Künstlerhaus selbst. Da wird etwa an die weit gediehenen Pläne zu Abriss, Neubau und Verkauf in den 1960er Jahren erinnert: Über einem monumentalen Bau hätte dann der Schriftzug IBM geprangt und die Künstlervereinigung wäre im einst eigenen Haus zum Mieter geworden.
Keine Selbstbespiegelung
Zum Glück kam es nicht soweit. Die Mitglieder konnten sich darauf genauso wenig einigen wie 1996 auf eine Komplettvermietung der Immobilie. "Für 1,6 Mille sollen wir 75 Jahre lang die Hütte hergeben? Das kaufe ich selber", wird aus dem Protokoll zitiert. Dass diese Exkurse zur Geschichte des Hauses alles andere sind als eine Selbstbespiegelung, macht Kurator Martin Fritz unmissverständlich klar: "Das ist keine Jubiläumsausstellung." Deswegen sind die zusammen mit Matthias Klos aus den Archiven ausgegrabenen Dokumente auch auf rollbaren Wänden angebracht, die beliebig verschoben und in andere Kontexte gesetzt werden können. Die Ausstellung funktioniert aber auch ganz ohne sie.
Dass es nur ohne geht - nämlich offenbar nur ohne Kleidung -, darauf wiesen richtigerweise die Guerilla Girls, eine anonym operierende New Yorker Künstlerinnengruppe, 1985 mit ihrem berühmtesten Plakat hin: Do Women have to be naked to get into the Metropolitan Museum übertitelten sie die hüllenlose Odalisque von Ingres mit Gorillamaske. Die "Einlasspolitik" der Kunst thematisierte auch Marlene Haring: Auf der Berlin Biennale 2010 änderte sie diese zugunsten der Frauen.
Andreas Fogarasi erinnert an den ungarischen Künstler János Major: 1969 protestierte er auf einer Vasarely-Eröffnung mit dem Schild "Vasarely go home!" verzweifelt gegen die "ebenerdigen Grabkammern" der Museen (Robert Smithson). Ebenso Christopher D'Arcangelo 1975, der sich vier Jahre bevor er seiner Existenz ein Ende setzte, an die Tür des Whitney Museums kettete.
Hinter die Kulissen der Museen, die Candida Höfer in nüchterne Fotos bannt, blicken Helke Bayrle und Andrea Fraser. Sie beschäftigen sich mit den Figuren des Kunstbetriebs: "Kunst ist für mich auch Identität", sagt ein Kunstarbeiter in den Interviews von Fraser, einer der namhaftesten Künstlerinnen der "Institutional Critique".
Leben wir in einer Zeit kritikfreier Symbiosen von Markt, Künstlern und Institutionen? "Die Selbstreflexion der Institutionen, wie sie in den 1990ern gefordert wurde, ist mir auch ein wenig verloren gegangen", sagt Martin Fritz.
Eine anregungsreiche, notwendige und in Wien lange überfällige Ausstellung. (Anne Katrin Feßler/ DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.6.2011)
Bis 16. 10.
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