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Kunstberichte

Antrittspressekonferenz der neuen Direktorin des KHM Sabine Haag

Ein Bohnenfest für die Wissbegierigen

Sabine Haag setzt auf ein Stammpublikum. Foto: apa

Sabine Haag setzt auf ein Stammpublikum. Foto: apa

Aufzählung Für das Kunsthistorische Museum soll ein Stammpublikum gewonnen werden.
Aufzählung Sabine Haag will auf spektakuläre Großausstellungen verzichten.

Wien. Die Neue hat einen neuen Stil im Sinn: Sabine Haag, die eben ihr Amt als Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums angetreten hat, sieht sich als Teamplayerin. Ihr Motto findet sie nicht bei einem Maler, sondern bei einem Komponisten: "Lasst uns zu den alten Meistern zurückkehren, und es wird ein Fortschritt sein", meinte der Russe Igor Strawinski.

Sabine Haag leitet davon ein Zurück in den Elfenbeinturm ab. Und zwar in dem Sinn, dass die Wissenschaft wieder mehr mitreden soll. Apropos Teamplayerin: Die erste größere Ausstellung 2009 über Interieurmalerei delegiert Sabine Haag an ihren Gemäldegalerie-Direktor Karl Schütz. Und die als Ausstellungsgestalterin ausgezeichnete Sylvia Ferino wird ab Juni einen Streifzug zum Thema Masken im Völkerkundemuseum kuratieren. Sonst hat das Japan-Jahr das Haus im Griff: 140 Jahre Beziehungen zwischen den Ländern sind der Ausgangspunkt. Nur im Theatermuseum regieren Thomas Bernhard und das russische Ballett Sergeij Diaghilews.

Damit manifestieren sich klare Unterschiede zur Ära Wilfried Seipels: Statt auf Blockbuster wird auf Ausstellungen aus der Geschichte und den Kapazitäten der Häuser gesetzt. Theater- und Völkerkundemuseum kooperieren ab jetzt stärker in Ausstellungen, seitens des Ministeriums gibt es sogar die Idee das Volkskundemuseum einzubeziehen.

Gratisöffnung am 24. Jänner

Für besucherrekordverdächtige Superausstellungen fehlt Haag eine freie Ausstellungsfläche. So will sie aus der Not eine Tugend machen und sich auf ein Stammpublikum konzentrieren. Dieses wird nun mit einem Plakat angesprochen, sich mit seinen Sammlungen zu identifizieren: Das "Bohnenfest" von Jacob Jordaens verweist nicht auf den Fasching, sondern auf die Gratisöffnung am 24. Jänner. Wer sich rechtzeitig anmeldet, kann zusätzlich hinter die Kulissen blicken. Kuratoren machen hunderte Führungen, Restaurierwerkstätten und Baustellen sind offen, es wird Round-Table-Gespräche und Filmvorführungen geben.

Eine internationale Kooperation mit Bern und Brügge ist fix. Sie gilt dem letzten burgundischen Herzog: "Karl der Kühne" wird 2010 gezeigt werden.

Leihgaben sollen sonst aber primär aus Wiener Museen kommen. Hier fühlt man den Sparstift zugunsten kleinerer Einzelpräsentationen – Stichwort: "Kunstwerk des Monats" oder Restaurierungen, für die weiter um Paten geworben wird.

Dabei wird Haag im Jahr 2010 das wegen angeblich zu vieler Reisen in die Schlagzeilen geratene Hauptwerk Vermeer van Delfts "Die Malkunst" ins Rampenlicht rücken. Haag bekennt sich zum negativen Ausreisebescheid und macht die technischen Untersuchungen zum öffentlichen Thema. Diese Schau wird von einem Symposium begleitet werden.

In wirtschaftlich angespannten Zeiten mit vielen Baustellen steht das Schließen der "offenen Wunden" Kunstkammer und Völkerkundemuseum bis 2011 auf der Prioritätenliste. Im Moment ist allerdings nicht einmal die notwendige Erhöhung der Basisabgeltung von 22 auf 24 Millionen Euro fixiert. Die Generaldirektorin muss sich auf die mündlichen Absichterklärungen von Ministerin Claudia Schmied verlassen. Ohne Budget kein Vorpreschen.

Eingespart wird in Sachen Überdachungsprojekt des zweiten Innenhofes: Dieses ist gefallen. Stattdessen wird als Zukunftsmusik die Unterkellerung des Maria-Theresien-Platzes favorisiert. Das ist nicht neu, auch nicht die Aufstellung des antiken Heroons von Trysa in der Neuen Burg.

In Sachen Konfrontation mit der Gegenwartskunst will Haag dem sinnvollen Bezug zum Bestand den Vorrang geben. Aufhorchen lässt die Erwähnung der Sekundärgalerie im zweiten Stock, die seit Jahrzehnten geschlossen ist. Ob Strawinskis Motto für deren Öffnung ein paar Mäzene dafür herbeizaubern kann?

Printausgabe vom Samstag, 17. Jänner 2009

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