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derStandard.at | Kultur | Kultur & Politik | Augarten Wien 
13. Dezember 2007
15:27 MEZ
Grafik: DER STANDARD
Der "Augartenspitz"

"Konzertkristall"-Projekt: Protestmaßnahmen angekündigt
Mailath für Filmzentrum auf der Donauplatte - Filmarchiv und Viennale: "Keine realistische Option"

Wien - Nicht unerwartet bedeutet die Entscheidung des Wirtschaftsministerium kein Ende der Debatte um das Sängerknaben-Projekt im Wiener Augarten: Für kommende Woche plant der Verein "Freunde des Augartens" erste Protestmaßnahmen. Die Anrainerinitiative will laut einer Sprecherin am Freitag im Detail darlegen, wie der Protest aussehen wird. Fix ist bereits, dass es am Montagvormittag eine erste Aktion geben wird. Eine Besetzung des Areals wird nicht ausgeschlossen, allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt: "Jetzt ist es dafür noch zu früh, das ist erst sinnvoll, wenn die Bagger vor der Tür stehen."

Auch im Wiener Gemeinderat wird am Freitag über den umstrittenen "Konzertkristall" diskutiert. Die Wiener Grünen werden die Causa in einer Aktuellen Stunde (Titel: "Augarten: Brennpunkt politischer Unkultur - BürgerInnen werden missachtet") die von ihnen kritisierte Entscheidung zum Thema machen.

Deponie Donauplatte

Über ein Filmkulturzentrum wird weiter öffentlich nachgedacht - etwa im Rathaus: Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny äußerte nun die Idee, eine solche Einrichtung auf der Wiener Donauplatte am Ufer der Neuen Donau zu errichten. Dort könnte nicht nur eine Dependance des Filmarchivs, sondern auch ein Depot des Filmmuseums untergebracht werden, so Mailath-Pokorny in der "Presse" wie im Ö1-Morgenjournal. Für den Standort, der fernab von den innerstädtischen Bezirken eine Kulturwidmung aufweist, gab es bereits andere Vorschläge: Ein Guggenheim-Museum war genauso im Gespräch wie eine Niederlassung der Universität für Angewandte Kunst. Zuletzt hatte das Museum für Moderne Kunst angekündigt, neue Ausstellungsräume dort errichten zu wollen.

Filmarchiv und Viennale lehnen den Vorschlag von Mailath-Pokorny ab: Dieser Standort sei "keine realistische Option", wie Filmarchiv-Leiter Ernst Kieninger und Viennale-Direktor Hans Hurch in einer Stellungnahme betonen. Sie beklagen außerdem, dass sie von der Stadt nicht informiert worden seien: "Es zeugt von einer gewissen Gleichgültigkeit gegenüber den Projektbetreibern und seinen Finanziers, den nunmehrigen 'Alternativvorschlag' der Stadt Wien über die Medien zu kommunizieren. Bis heute wurden wir diesbezüglich von der Stadt Wien nicht kontaktiert, das Konzept des von Stadtrat Mailath-Pokorny angesprochenen 'Labors des internationalen Films' ist uns unbekannt".

Kieninger und Hurch finden dies "angesichts der Tatsache, dass die Stadt unser detailliertes Konzept für ein Filmkulturzentrum im Augarten seit Jahren kannte, sehr bedauerlich". Sowohl sie als auch die Finanziers des Projekts halten demnach den Standort Donauplatte für die Realisierung eines "lebendigen und urbanen Filmkulturzentrums" für ungeeignet. Zu "grundsätzlichen und offenen Gesprächen" seien sie aber "selbstverständlich gerne bereit".

Das Projekt Augartenkino sei unter breiter Einbindung des Augartenumfeldes erfolgt: "Es ist ein Statement dafür, die konkrete Geschichte und Tradition eines Ortes - die Leopoldstadt galt einst als der Kinobezirk mit bedeutender jüdischer Filmkultur - in einem spannenden und innovativen Signalprojekt mit seiner aktuellen, lebendigen Entwicklung zu verbinden." Dieses Projekt lasse sich daher nicht beliebig transformieren, versichern Hurch und Kieninger.

"Boygroup"-Pläne

Die Wiener Sängerknaben, die mit Vorbereitungen für das Einreichen der Pläne bei der Baubehörde befasst sind, wollen mit ihrem "Konzertkristall"-Projekt neben Touristen auch Kinder in den 430 Leute fassenden Konzertsaal in den Augarten locken: Aufführungen von Kinderopern sind geplant, das Wiener Kindertheater soll ebenfalls in den Komplex einziehen. Auch anderen Vokal- und Instrumental-Ensembles soll er als Probe- bzw. Spielstätte zur Verfügung stehen. Die Sängerknaben selbst werden den Konzertsaal laut eigenen Angaben an etwa 90 Tagen pro Jahr bespielen. An aufführungsfreien Tagen wird die - laut einem neuen Werbeslogan - "älteste Boygroup der Welt" den Saal für den Probebetrieb nutzen. (APA)


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