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04.07.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
kunstraum: Galerie Frey und Hilger Contemporary

Galerie Frey: Women Power

"Ich trete gleichsam nackt vor die Leinwand, ohne Absicht, ohne Planung, ohne Modell, ohne Fotografie, und lasse entstehen. Doch habe ich einen Ausgangspunkt, der aus der Erkenntnis entstand, dass das einzig wirklich Reale meine Gefühle sind, die sich innerhalb des Körpergehäuses abspielen", sagte die Grand Dame der österreichischen Malerei Maria Lassnig 1980. Die Formulierung scheint in mancher Hinsicht wie zugeschnitten auf das Werk von Veronika Dirnhofer (geb.#1967). Auch ihre Malerei scheint zunächst der Darstellung von Körpergefühlen verschrieben zu sein, mit den Mitteln einer kontrastreichen, expressiven Farbgebung eine Art Selbstbefragung anzusteuern. Schrille abstrakte Muster in Neonfarben treffen hier auf pastellene Farbflächen, geometrische, rasterartige Formen auf weich geschwungene Umrisslinien von Figuren. Immerzu im Schwung der körperlichen Aktion sollen stets drei Bilder gleichzeitig in Arbeit sein. Kunst wird hier nicht als Akt verstanden, sondern als permanenter Prozess. Und diese Prozesshaftigkeit setzt sich auch am Boden der Galerie fort, in farbstarken abstrakt gewundenen Applikationen, als würden die Bilder eben erst entstehen und die Farbe aus ihnen herausrinnen. Titel wie "Sigmund, du hattest nicht recht" oder "ich habe immer recht" zeugen von schlagfertigem Feminismus gepaart mit augenzwinkernder Selbstironie. Und in Bildern wie "Frosch", "Prinzessin" und "Dornröschen" versetzt uns die Künstlerin gar in die kindliche Märchenwelt zurück. Insgesamt liefert Veronika Dirnhofer ein frohlockendes Bekenntnis zu einer Malerei, die als Teil einer zeitgenössischen visuellen Kultur nach wie vor ihren unangefochtenen Standort behauptet (alle Arbeiten Acryl auf Molino: 3.850 Euro). (Bis 25.#Juli, Wien 1, Gluckgasse 3.)

Hilger Contemporary: Urban Spirit

In seinen Aufnahmen von Massenereignissen wie Open-Air-Konzerten, Gay-Paraden oder Karnevalumzügen zeigt der holländische Fotograf Otto Snoek (*1966) exemplarisch, was Gustave Le Bon bereits 1895 in seinem Klassiker "Psychologie der Massen" ansprach: das Aufgehobensein in einer Gruppe auf Kosten der eigenen Individualität und die Hinwendung der Gruppe zu schlichten, gemeinsam erlebten Gefühlen. Ob es sich um politische Bewegungen, Rockkonzerte oder religiöse Zeremonien handelt, sei dabei völlig egal. Im Zuge moderner Stadtentwicklung bedeutet dies wohl auch, dass lebendige, attraktive Zentren heute mehr bieten müssen als gute Einkaufsmöglichkeiten, eine abwechslungsreicher Gastronomie oder interessante Kulturangebote. "Urban Entertainment" heißt das Credo zur verstärkten Kommerzialisierung der Freizeitkultur und zur Massenmobilisierung. Snoek versteht dies eindrucksvoll zu protokollieren. Dabei entnimmt man den Bildern nur wenig über die stattfindenden Spektakel. Primär fokussiert Snoek die Besucher der Events, greift meist ein oder zwei für die gesamte Szene repräsentativ wirkenden Personen heraus, um dann den Blick auf das im Weitwinkel abgelichtete Gesamtgeschehen zu lenken. Ausgestellt sind 30 Arbeiten zu je 2.800 Euro. (Bis 20.#August, Wien 1, Dorotheergasse 5.)
Manisha Jothady

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