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20.06.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung
"36. Art Basel": Und die Party geht weiter
VON ALMUTH SPIEGLER
US-Sammler auf der Jagd nach Biennale-Venedig-Trophäen.

Sein schelmisches Lächeln verriet ihn, da half auch kein bescheidenes Ab winken. Österreichs Groß-Sammler Karlheinz Essl hat gleich am ersten Tag der "Art Basel" vergangene Woche zugeschlagen. Besser gesagt: eingeschlagen, und zwar in die Hand von Gerd Harry Lybke ("Eigen+Art"), der von Kamerateams belagerte Galerist der sogenannten Leipziger Schule, nach deren gegenständlicher Retro-Malerei in den USA eine beängstigende Nachfrage herrscht, mächtige Wartelisten inklusive. Allen voran Neo Rauch sowie Martin Eder, Tim Eitel, Matthias Weischer setzen so den Run auf deutsche Kunst fort, der mit den Fotografen der "Becher-Schule" in den 90er Jahren begonnen hat. Essl freute sich also zurecht, dass er zwei Großformate Rauchs von 1992 erstehen konnte. Über den Preis will er lieber nicht mehr nachdenken - nur zum Vergleich: Rauchs ähnlich großes "Hauptgebäude" von 1997 brachte beim Auktionshaus Philips zuletzt 204.000 Euro.

Der Markt für Zeitgenössisches ist so heiß wie nie - denkt man etwa an die für aktuelle Kunst bisher unvorstellbaren zehn Millionen Euro, für die Englands Supersammler Charles Saatchi im Jänner den eingelegten Hai von Damien Hirst an US-Milliardär Steve Cohen verkauft hat. Dementsprechend glühte es heuer im Schweizer Dreiländereck, wohin die Happy Crowd nach der Biennale Venedig rauschte. Neben der heute zu Ende gehenden 36-jährigen Diva assoluta "Art Basel" mit ihren 275 Top-Galerien und ihrer ebenfalls schon zehnjährigen Alternativveranstaltung für junge Kunst, der "Liste" - einzige österreichische Galerie hier das "Kunstbuero" -, galt es heuer in der Pharma-Stadt eine weitere parasitäre Messe zu stürmen, die "Volta Show" in einer kleinen Industriehalle am Rheinufer.

Es kann wohl zur Zeit nicht genug sein. Durch die 2002 lancierte und auf Zeitgenössisches konzentrierte "Art-Basel"-Winterdependance in Miami Beach wurde der US-Markt noch stärker mobilisiert. Selbst die millionenschweren Klassische-Moderne-Kojen im Erdgeschoss der "Art" werden immer mehr von jüngster Kunst infiltriert. Hier reüssierte auch Ernst Hilger, einer von neun diesmal auf der "Art" vertretenen österreichischen Galeristen, mit dem Nachwuchs. Gleich mehrmals verkaufte er eine auf die Gestirne reagierende Multimedia-Installation des Iren John Gerard um je 15.000 €.

Die Galerie Mezzanin - die übrigens den Wiener Standort wechselt und im Oktober in der Eschenbachgasse eröffnet - hat den Sprung von der "Liste" in die Youngster-Schiene "Art Statements" geschafft und präsentierte den jungen Deutschen Alexander Wolff. Georg Kargl verkaufte u. a. Neues von Elke Krystufek, Christine König, Bilder von Johanna Kandl und gleich zweimal den "Codex" von Ann-Sofi Siden um je 50.000 €. Ursula Krinzinger hatte mit Erik van Lieshout, Erwin Wurm, Frank Thiel Erfolg. Ob wohl die am Messeplatz ausschenkende "Arsch-Bar" des von ihr vertretenen Ateliers van Lieshout ab morgen auch die Besucher der Lieshout-Schau im MAK bewirten wird?

Entspannen konnte sich auch Rosemarie Schwarzwälder: eine Platten-Installation von Adrian Schiess ging in die USA, ein Bild des dänischen Malers Vilhelm Hammershøi (200.000 €) an die Kunsthalle Hamburg. Martin Janda, der u. a. alle mitgebrachten Zeichnungen von Adriana Czernin verkaufen konnte, spürte bei den Arbeiten von Jun Yang den Einfluss der Biennale Venedig. Der junge Austro-Chinese ist in der Sonderausstellung im Italienischen Pavillon vertreten.

Überhaupt gefiel sich die "Art" als Biennale-Shop. Die Déjà-vues waren gewaltig: der Presslufthammer von Monica Bonvicini (30.000 €), bärige Fotoleuchtkästen von Mark Wallinger (44.000 €), Thomas Ruffs "jpeg"-Fotos (60.000 €), eine William-Kentridge-Collage (97.000 €). Alles hat seinen Preis. Sogar die heftige Performance Marina Abramovics in der "Unlimited"-Halle (siehe Foto): Das Zehn-Minuten-Video einer älteren Version macht auch dieses Erlebnis zu Barem (60.000 €). Eigentlich zum Heulen.

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