Kartographin mit Kamera
Die Mürzzuschlager Architektin und Filmerin Lotte Schreiber (40) erhält heute in Wien einen "outstanding artist award" des Kunstministeriums.
Statische Einstellungen oder ruhige Schwenks über Fassaden und bauliche Details des unter Mussolini geplanten Stadtviertels Don Bosco am Südrand von Rom paaren sich mit filmischen Zitaten von Pasolini über Fellini bis Antonioni: "Borgate", ein 15-minütiges visuelles und akustisches Panoptikum über das Scheitern urbaner Utopien aus 2008, verrät recht deutlich, wer da hinter der Kamera steckt.
Lotte Schreiber studierte in Graz, Edinburgh und Neapel Architektur, aber der Film wurde zum zentralen Medium der Mürzzuschlagerin. Ein Porträt über die monumental hässlichen Wohnblocks aus den 1960ern in Triest, eine strenge Untersuchung von Bauskeletten im winterlichen Kreta auf Super 8, aber auch Videos für die Ars Electronica oder zuletzt ein Musicclip für das Wiener Electronictrio "Radian" zeigen, dass Schreiber (zusammen mit ihrem Partner Norbert Pfaffenbichler) eine prägnante Handschrift besitzt.
Heute Abend erhält die 40-Jährige, auch Kuratorin beim Linzer Filmfestival "Crossing Europe", im Radiokulturhaus Wien einen der zehn "outstanding artist awards" des Kulturministeriums. "Lotte Schreiber setzt bei der Gegenüberstellung von Landschaft und Architektur an und wirft einen sehr speziellen Blick auf die Versatzstücke verblasster Utopien und die Hoffnungsschimmer am Rande gebauter Visionen", lobt die Jury.
Der mit je 8000 Euro dotierte Förderpreis wird an Künstlerinnen und Künstler der jüngeren und mittleren Generation vergeben, die bereits ein aussagekräftiges ?uvre vorweisen können und deren Arbeiten von künstlerisch überregionaler Bedeutung sind. Das trifft auf Schreiber im Besonderen zu, wurde die Mutter einer sechsjährigen Tochter doch auch schon in Madrid, Vancouver oder Tokyo als präzise Kartographin mit der Kamera gewürdigt.
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