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24.04.2006 - Kultur&Medien / Ausstellung
Galerie Ropac: Länderspiel
Kunstraum. Galerie Welz: Entdeckung

Beim "Freundschaftsspiel" zwischen Deutschland und England, ausgetragen in der Salzburger Galerie Ropac, treten Stephan Balkenhol, Georg Baselitz, Imi Knoebel und Wolfgang Laib - zu denen sich in letzter Minute noch Anselm Kiefer geschlagen hat - gegen Tony Cragg, Richard Deacon, Anish Kapoor und Richard Long an. Die Idee zu diesem Match ergab sich aus einem Gespräch des Galeristen mit Norman Rosenthal, Ausstellungsdirektor der Londoner Royal Academy. Beide haben sich gefragt, wo im Augenblick die bedeutendsten Bildhauer werken. Wobei sich freilich nur Balkenhol und Baselitz unter der altmodischen Berufsbezeichnung subsummieren lassen. Sie hauen zwar nicht in Stein, immerhin aber in Holz und sind am stärksten gegenstandsbezogen. Knoebel, Laib und Long arbeiten mehr konzeptuell, Cragg, Deacon und Anish Kapoor erkunden die Grenzen der Plastik fern aller Abbildungsfunktion.

  Im kleinen Vorgarten der Villa am Mirabellplatz stehen einander eine Bronze Craggs und, in einem eigenen Pavillon, eine antike Frauengestalt Kiefers gegenüber, letztere eine Figur in weißem Gipsabendkleid mit Trauerweidenstrauß am Kopf. Im Kontrast zum fröhlichen Treiben im Mirabellgarten signalisiert Cragg anthropologische Analyse und Kiefer todbringende Melancholie. Den Ankick im Eingang aber gibt eine bunte, überlebensgroße Figur von Baselitz, "Donna via Venezia", verpflichtet der Pop-Art und den "Nouveaux fauves". Der erste Eindruck täuscht - nicht geschnitztes Holz ist das Material, zum ersten Mal hat sich Baselitz hier im Bronzegusses versucht. Von Knoebel gibt es die frühe Holzplastik "30 Keilrahmen" (1968), Balkenhol hat aus drei Holzplatten das Flachrelief einer Plattenbauformation zusammengefügt (Grindl-Hochhäuser, Hamburg), eine virtuose Darstellung fotorealistisch erfasster Trostlosigkeit und fröhlicher Vitalität. Diese Konfrontation von - mit wenigen Ausnahmen - neuesten Arbeiten hat ein Format, das man in kommerziellen Galerien fast nie antrifft - in dieser Qualität und mit diesem Witz allerdings auch selten im institutionalisierten Kunstbetrieb. (Bis 27. 5., Salzburg, Mirabellplatz 2)

Galerie Welz: Entdeckung

Einen veritablen Missing Link hat Welz wieder entdeckt: Bilder, Aquarelle und Zeichnungen von Victor Brauer (Wien, 1902 - Nizza, 1959). Brauers Anfänge stellen ihn in eine Reihe mit Kokoschka und vor allem MOPP. Ende der 20er Jahre knüpft er Kontakte zum Surrealisten André Breton. 1933 arbeitet er als Restaurator in den Uffizien, lässt sich kurz in Nizza nieder, schließt sich der Resistance an, wird in Mailand zum Tod verurteilt, überlebt, weil ihn übergelaufene deutsche Offiziere befreien, und beginnt nach Kriegsende auch als Maler ein neues Leben. In seinen Ölbildern und Aquarellen kombiniert er in der späten Werkphase formal sehr eigenständig Elemente der Art Brut Yves Dubuffets und das verrätselt Spielerische Paul Klees. Brauers Werk und Biografie sollte man mit einer größeren Retrospektive nachspüren, die Ausstellung bei Welz ist ein wichtiger Anfang. (Bis 30. 4., Salzburg, Sigmund-Haffner-G. 16). Paul Kruntorad

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