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18.06.2005 - Kultur&Medien / Ausstellung | ||
Durchwegs cool im Blick | ||
VON WOJCIECH CZAJA | ||
"Architektur im Ringturm" gibt Einblick in die weibliche Avantgarde der 20er Jahre. | ||
A Letztes Jahr widmete sich das BA-CA-Kunstforum der
polnisch-französischen Malerin Tamara de Lempicka. Interpretierte Lempicka
die Epoche damals in erster Linie als einen hedonistischen Life Style,
üppig dargestellt in zeitgemäßem Art Déco, so ist in der Ausstellungshalle
des Wiener Ringturms die Zeit der 20er Jahre nun aus einem etwas anderen
Blickwinkel zu sehen. Wieder ist es die Frau der 20er Jahre, doch nicht
die strotzende Freizeit und das kultivierte Nichtstun stehen im
Vordergrund, sondern das Berufsleben, mit dem klar gerichteten Fokus auf
die architektonische Avantgarde. "Heute ist es der ,Girls Day', der Mädchen mit
Unterstützung der Politik zu technischen Berufen animieren soll", erzählen
die Kuratorinnen Ute Maasberg und Regina Prinz, "in den 20er Jahren gab es
diese Kampagnen nicht und dennoch haben sich viele Frauen für den Beruf
der Architektin und ganz allgemein für die Technik, das Planen und Bauen
interessiert." Offensiv und zielstrebig, so lautet auch das Motto der
Ausstellung: "Die Neuen kommen!" Von den vielen Avantgardistinnen, die am Mythos der
Männerdomäne rüttelten, sind nur wenige Namen bekannt. Die meisten standen
im medialen Schatten der großen Namen. Bis heute ausstehende
Dokumentationen machen es nahezu unmöglich, die Werke einzelner Autorinnen
posthum zusammenzuklauben, zumal im Zuge einer Heirat der eigene Name
mitunter auch noch abgelegt wurde. Maasberg und Prinz ist es dennoch
gelungen, einen repräsentativen Querschnitt von 30 Künstlerinnen zu
erfassen. Zwischen Hochschul-Absolventinnen und Bauhaus-Schülerinnen sind
Namen vertreten wie Liane Zimbler, die 1938 als erste Österreicherin die
Ziviltechniker-Prüfung absolvierte, Ella Briggs-Baumfeld, Architektin des
Wiener Gemeindebaus Pestalozzihof (1925), Carmela Haerdtl-Prati, Frau des
weitaus bekannteren Oswald, Friedl Dicker, die in Wien mit ihrem Partner
Franz Singer ein exklusives Atelier für Architektur und Design leitete,
oder etwa die kürzlich verstorbene Anna-Lülja Praun. Als Highlight und begehbares Stück Architektur haben die
Kuratorinnen eine Leihgabe der Stuttgarter Gesellschaft für Kunst und
Denkmalpflege nach Wien übersiedelt: Die Frankfurter Küche von Margarete
Schütte-Lihotzky aus 1926. Im Gegensatz zur Rekonstruktion, die im MAK zu
sehen ist, handelt es sich um ein Original, das aus einer der 10.000
bestückten Wohnungen wieder ausgebaut wurde. Der feine Unterschied liegt
im Detail: Die Mehllade etwa ist aus Eichenholz, denn die Gerbsäure der
Eiche verhindert Mehlwürmer. Haben wir in den letzten Jahrzehnten wieder etwas
verlernt? In einem Interview, etwa ein Jahr vor ihrem Tod, als
Schütte-Lihotzky bereits 102 Jahre alt war, habe ich gewagt, sie auf
diese Küche anzusprechen. Margarete Schütte-Lihotzky ist aus der Haut
gefahren, als sie schon den Begriff Frankfurter Küche gehört hat: "Ich
habe in meinem Leben sehr viel mehr gemacht. Wenn ich gewusst hätte, dass
alle immer nur davon reden, hätte ich diese verdammte Küche nie gebaut!"
Im Ringturm besteht nun die Möglichkeit, das vage Bild der einen oder
anderen Architektin ein wenig zu ergänzen. |
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