25. September 2009 - 00:04 Uhr · Von Silvia Nagl · Kultur

19 Jahre Warten auf Linz09

Am 19. September 1990 hat er erstmals eine interne Notiz geschrieben, prüfen zu lassen, welche Voraussetzungen eine Stadt erfüllen müsse, um sich als Europäische Kulturhauptstadt zu bewerben: Siegbert Janko (64), der Kulturdirektor der Stadt Linz. Mit Ende von Linz09 wird er seine Berufslaufbahn beenden.

Acht Jahre später, am 28. September 1998, hat er in seiner Funktion als höchstrangiger Kulturbeamter der Stadt Linz einen schon umfassenderen Katalog an „notwendigen Maßnahmen“ für Linz als Kulturhauptstadt erarbeitet. Es dauerte aber noch weitere elf Jahre bis Linz09 ...

OÖN: Sie hätten Ihren Ruhestand früher antreten können?

Janko: Ja, aber ich wollte unbedingt noch das Kulturhauptstadtjahr als Kulturdirektor miterleben. Denn ein bisschen Anteil daran rechne ich mir auch zu. Am 19. September 1990 habe ich erstmals eine interne Notiz verfasst, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, um sich als Europäische Kulturhauptstadt zu bewerben. Ab diesem Zeitpunkt ließ mich das Projekt nicht mehr los. Ich war in mindestens 15 Kulturhauptstädten, um zu lernen, wie es andere machen.

OÖN: Wie ist der Vergleich?

Janko: Linz liegt sehr gut! Vor allem mit dem Bemühen, möglichst viele Bevölkerungsgruppen einzubinden. Die wirklichen Auswirkungen lassen sich aber erst nach 2009 sehen.

OÖN: „Kultur für alle“ ist ein Satz, der Ihnen immer wichtig war. Haben Sie ihn verwirklichen können?

Janko: Ich habe immer versucht, diesen Satz zu leben. Und mit Projekten wie Forum Metall, Forum Design, Klangwolke, Pflasterspektakel, LinzFest, Open-Air-Veranstaltungen beim Festival Ars Electronica direkt zu den Menschen zu gehen und Zugangsbarrieren niedrig zu halten.

OÖN: Kultur für alle birgt aber auch die Gefahr der Beliebigkeit...

Janko: Wir wollten aber nie Spektakelfeste veranstalten. Es gab und gibt immer den Versuch, qualitativ hochwertige Kulturangebote in einem breiten Kultur-Volksfest einzubauen. Auch die Einbindung von Linzer Kulturschaffenden war mir wichtig.

OÖN: Gibt es Lieblingsprojekte in Ihrer Ära?

janko: Das Pflasterspektakel, das ich 1987 für Linz initiiert habe. Und das Ars Electronica Center, bei dessen Bau ich mit Hannes Leopoldseder Projektleiter war. In Linz können ja fast alle Menschen mit der Thematik Kunst und neue Medien etwas anfangen. In Salzburg oder Wien gibt es das nicht. Wenn 30 Jahre lang, wie in Linz durch die Ars Electronica, Beschäftigung und Auseinandersetzung passiert, dann erzeugt das auch lokale Kompetenz: bei Politikern ebenso wie bei der Bevölkerung.

OÖN: Wie definieren Sie den Aufgabenbereich des Linzer Kulturdirektors?

Janko: Der Kulturdirektor ist Vermittler zwischen Künstlern und den Verantwortlichen, die Geld und Ressourcen zur Verfügung stellen. Wichtigste Aufgabe ist, die Künstler mit ihren Ideen ernst zu nehmen und zu versuchen, etwas daraus zu machen.

OÖN: In Ihre Ära fällt auch die Entscheidung über den Musiktheater-Neubau. Waren Sie damals enttäuscht, weil das Theater im Berg nicht gebaut wurde?

Janko: Ja, das war eine Enttäuschung. Aber eine noch größere war, dass es für die Blumau ein Projekt gegeben hat, das ich für sensationeller und architektonisch spannender gehalten habe als das jetzt entstehende: der mehr als 60 Meter hohe Turm mit Musiktheater, Bruckner-Uni, Hotel oder Gastronomie.

OÖN: In Krisenzeiten trifft es meist das Kulturbudget. Haben Sie das auch verspürt?

Janko: Das stimmt so nicht für Linz. Wir haben in all den Jahren ständig steigende Budgets gehabt. Sieben bis siebeneinhalb Prozent des Gesamtbudgets entfallen auf das Kulturbudget. Das ist – im Vergleich zu anderen Städten – ein hoher Wert. Das Problem der Zukunft sehe ich eher darin, dass es in Linz nun ein doppelt so großes AEC mit mehr Mitarbeitern gibt, ein Salzamt usw. Somit wird es mit dem frei verfügbaren Budget immer schwieriger. Es darf nicht sein, dass die Budgetmittel nur mehr gebunden sind an Kultureinrichtungen. Deshalb sollten auch öffentliche Kultureinrichtungen stärkere Zielvorgaben bekommen. Wenn in Linz Kultur für alle, neue Medien, offene Räume, freie Szene Schwerpunkte der Kulturpolitik sind, dann muss das auch in den Einrichtungen sichtbar werden. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass Kulturstätten verpflichtet werden, beispielsweise 20 Prozent ihres Budgets für Linzer Künstler auszugeben.

OÖN: Wichtiger Punkt Ihrer Ära war der Linzer Kulturentwicklungsplan.

Janko: Vor allem deshalb, weil er eine dreijährige intensive Diskussionsplattform war zwischen Kulturschaffenden, Politik und Verwaltung mit dem Vorhaben, eine gemeinsame kulturpolitische Zielsetzung zu formulieren. Kultur hat vorher noch nie in allen politischen Gremien eine derart große Rolle gespielt. Dass alle Parteien im Gemeinderat einverstanden waren, Linz solle Kulturhauptstadt werden, war sicher Ergebnis dieser Diskussionen.

OÖN: Wie schaut es mit Ihrer Nachfolge aus?

Janko: Der Posten wird im Herbst ausgeschrieben. Dann wird entschieden.

Quelle: OÖNachrichten Zeitung
Artikel: http://www.nachrichten.at/nachrichten/kultur/art16,265775
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