Düsseldorfer Fotoschule in der Tate Modern

Die Ausstellung "cruel + tender" zeigt u.a. Arbeiten der berühmten Fotokünstler Bernd und Hilla Becher sowie jene ihrer bekannten Schüler Thomas Struth, Andreas Gursky und Thomas Ruff.


In den 50er Jahren trafen erstmals Hilla und Bernd Becher aufeinander. Er war Maler und Lithograf, sie Fotografin. In der Folge bereiste das Künstler-Paar Deutschland, das weitere Europa sowie die USA auf der Suche nach Industriebauten, Wassertürmen, Fachwerkbauten und Silos.

Kunstsprache

Nicht die außergewöhnliche Ansicht eines Gebäudes war ihr Motiv, sondern die typischste Form eines Nutzbaus war das Ziel von Bernd und Hilla Becher. Mit ihrer dokumentarischen Arbeit rückten sie in die Nähe von wissenschaftlichem Interesse, das sie in den 60er Jahren als Vertreter von Konzeptkunst auswies.

Ihre eigentliche Arbeit war neben dem Aufspüren der Bauten die Zusammenstellung der Fotografien nach gebäudeimmanenten Gesichtpunkten, die sie in Serien präsentierten. Seit 1976 ist Becher Lehrer für Fotografie an der Düsseldorfer Akademie und hat als solcher zahlreiche Schüler geprägt.

Gemeinsame Merkmale

Ein gewisser Stil, der Sujets monumental in Szene setzt und sie emotionslos wiedergibt, ist zweifelsohne ein Markenzeichen der Becher-Schüler Candida Höfer, Axel Hütte, Thomas Struth, Thomas Ruff und Andreas Gursky.

Thomas Struth: The Bernstein Family, Mudersbach, 1990 / ©Bild: Thomas Struth
Thomas Struth: The Bernstein Family, Mudersbach, 1990 / ©Bild: Thomas Struth

Thomas Struth

Der bei Gerhard Richter und Bernd Becher studierte Fotograf erforschte in den 70er Jahren vornehmlich urbane Räume, deren Charakteristika er mithilfe einer unprätentiösen Fotografie einzufangen versuchte. Wie Gesichter, in denen man lesen kann, sagen sie etwas über die Identität von Gemeinschaften aus.

Thomas Struth: The Smith Family, Fife, Scotland 1989 / ©Bild: Thomas Struth
Thomas Struth: The Smith Family, Fife, Scotland 1989 / ©Bild: Thomas Struth

Bekannt wurde Thomas Struth seit dem Beginn der 90er Jahre mit seinen Familienporträts. In den letzten zehn Jahren überraschte er mit großformatigen Bildern von Museen wie dem Louvre oder dem Prado sowie mit Innenansichten berühmter Kirchen, wo sich Touristenströme ballen.

Andreas Gursky

Der experimentierfreudigste unter den Schüler von Bernd Becher ist wohl Andreas Gursky. Seine Arbeiten wirken wie farbenfrohe Teppiche, ob es sich nun um Börsenalltag, Kaufhäuser oder Fabriken handelt.

Andreas Gursky: Chicago, Board of Trade II, 1999 / ©Bild: DACS, London 2003
Andreas Gursky: Chicago, Board of Trade II, 1999 / ©Bild: DACS, London 2003

Meist aus schwindelnder Höhe aufgenommen, verkleinert sich das Sujet auf ein kaum erkennbares Subjekt. Ob in Tokio, New York oder Gelsenkirchen: Gurskys Farbpalette gibt jedem Detail seinen Wert und macht dennoch die Orte austauschbar.

Thomas Ruff

Thomas Ruff ist vielleicht der vielseitigste unter den Becher-Schülern. Er begann in den 80er Jahren mit Porträt-Aufnahmen, frontal oder im Profil, von Kommilitonen der Düsseldorfer Akademie. Es waren unterkühlte Bilder, aber sie lichteten hellwache Persönlichkeiten ab.

In der Folge erkundete er die Umgebung Düsseldorfs und schuf Fotografien von urbaner Leere, von öden Straßen und Hinterhöfen, die schrankenlose Überwachung vermitteln. Sie entstanden als Reaktion auf die sterilen Fernsehbilder des Golfkriegs 1990/91.

Arrangierte Szenen

Seine Fotografie beschäftigte sich in diesem Jahrzehnt auch mit Zeitungsbildern und immer wieder arrangierte er Film-, Natur- und Katastrophenszenen. In der jüngsten Zeit bedient sich Ruff des Internets, wo er pornografische Seiten aufsucht, die Vorlagen für seine großformatigen "Nudes"-Serie bilden. Am Computer hat er diese Seiten verfremdet.

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