VON CHRISTA DIETRICH E-MAIL:
christa.dietrich@vn.vol.at
Vaduz (VN) In künstlerischer Hinsicht
wurde das "Jahr der Berge" in Vorarlberg bereits mit dem
Ausstellungsprojekt "Medium Berge" flächendeckend berücksichtigt.
Nun gibt es in Liechtenstein eine Initiative, die sich dranhängt -
bzw. ebenso darauf zurückkommt, dass die Vereinten Nationen das Jahr
2002 einem besonderen Aspekt unseres Planeten widmeten - und
entsprechende Arbeiten bei Künstlern einforderte.
Grundsätzlich stehen bei der soeben eröffneten
Ausstellung in Vaduz aber nicht nur die Ein- und Ausbuchtungen der
Erdoberfläche, deren Faszination und besonderes Schutzbedürfnis im
Vordergrund, sondern die Tatsache, dass Künstler im Alpenraum auch
über die Staatsgrenzen hinweg zusammenkommen sollen. Das
Kunstunternehmen Tangente in Eschen hat das Projekt gestartet, die
Kulturreferenten von Vorarlberg, Liechtenstein und den Schweizer
Kantonen Graubünden und St. Gallen haben sich zur Zusammenarbeit und
(neben einzelnen Städten) zur Mitfinanzierung bereit erklärt.
Preise
Im Engländerbau in Vaduz wurde ein Raum zur Verfügung
gestellt. Je drei Künstlerinnen bzw. Künstler wurden von einem
Ländervertreter eingeladen. Eine Jury vergibt Preise. So weit die
organisatorischen Details. Sie sind auch deshalb zu erläutern, weil
eine Ausstellung, die von verschiedenen Kuratoren zusammengestellt
wurde, meistens - wie auch hier - kein einheitliches Qualitätsniveau
aufweist.
Fernsicht
"Höhenrausch und Fernsicht" lautet der Titel, der schon
einmal darauf verweist, dass auch die Eingeschlossenheit durch die
Alpen die Fernsicht nicht verhindern muss. Die Ironie bei der
Auseinandersetzung mit der Bergidylle ist nichts Neues. Höhenrausch
und Almrausch erzeugt bei entsprechender Doppelbödigkeit kein
Albdrücken, woran Martin Walch und Marco Eberle (FL) mit witzigen
Collagen oder fiktiven Gipfelstürmen ebenso erinnern wie viele
Künstler vor ihnen. Höchstens Angst, die Gilgi Guggenheim (St.
Gallen) mit ihrer an die alten Meister angelehnten Malerei
thematisiert, während Thomas Zindel und Mathias Balzer (Graubünden)
sowie Michael Zellweger (St. Gallen) sich malerisch und zeichnerisch
mit den alpinen Strukturen auseinander setzen.
Ähnliches beabsichtigt Carol Wyss (FL), die auf Fotoaufnahmen vom
Inneren des menschlichen Schädels jene Formen entdeckte, die auch
Aufnahmen von Steinen und Gletscher aufweisen.
Die Landschaftsmalerei von Menga Dolf (Graubünden) erinnert ein
wenig an Gerhard Richter, wobei sie sich in der Reduktion einem
(guten) Alex Katz nähert.
Suggestiv
Konkret dem Titel "Fernsicht" zuzuordnen ist wohl die
Arbeit von Miriam Prantl (V). Vertikale und horizontale Linien
verweisen auf den Raum hinter dem Bild bzw. ins Unendliche.
Manigfaltige Assoziationen ruft Gerry Ammans (V) Installation aus
Glas und Flüssigkeiten hervor. Entwicklungsprozesse werden ebenso
angedeutet wie die einfache Darstellungsmöglichkeit von
Gebirgslandschaften per auf- und absteigenden Linien. Johannes
Ludescher (V) arbeitet seit Jahren mit Papierobjekten und schafft es
immer wieder, mit Neuem zu überraschen. Per Projektion auf eines
dieser Objekte begegnet man der unterschiedlichen "Nutzung" des
Steins in verschiedenen Kulturen. Eine äußerst meditative Arbeit
bildet den Schlusspunkt einer Ausstellung und zugleich deren
Anziehungspunkt. Ebenso suggestiv, wenn auch gänzlich anders
gelagert, verfehlt die Videoarbeit von Jacqueline Jurt und Harald
Pridgar (St. Gallen) nicht ihre Wirkung. Auf- und Abstieg verkommt
in der Großstadt zum Erklimmen von Autos, Papierkörben oder was sich
sonst noch anbietet. Selbstverständlichkeit und Erhabenheit werden
eins, wenn die Protagonisten ihren "Gipfelsieg" jodelnd feiern.
"Gipfelsiege" im urbanen Umfeld von Jurt und Pridgar.
Papierobjekt mit Projektion von Johannes Ludescher.
Die Ausstellung im Engländerbau in Vaduz ist bis 20. Oktober
geöffnet, Di 10 bis 20 Uhr, Mi bis So 10 bis 17 Uhr. Danach kommt
sie nach Feldkirch.