Artikel aus profil Nr. 25/2002
Feuer am Dach

Das Kunstforum Depot steht vor dem Aus. Ist die Wiener Kunstinstitution Opfer eines parteipolitischen Ränkespiels geworden?
Wie die Bilder sich gleichen: Vor zwei Jahren verkündete Wolfgang Zinggl, seit 1997 Leiter der Wiener Kunstinstitution Depot, in schrillem Ton, dass wegen einer „gravierenden Budgetkürzung von 30 Prozent“ durch das Bundeskanzleramt ein Vollbetrieb des 1994 gegründeten Diskussionsforums für zeitgenössische Kunst nicht mehr möglich wäre – die Kündigung aller Mitarbeiter folgte, ein Notbetrieb wurde eingerichtet.

Jetzt ist wieder Feuer am Dach: Der Kulturverein mit makelloser Bilanz – so wurden bekannte Theoretiker wie Slavoj Zizek oder der Oxford-Professor Terry Eagleton zu Vorträgen nach Wien geholt, und allein 1999 wurden insgesamt 176 Veranstaltungen mit rund 12.500 Besuchern abgehalten – steht diesmal vor dem endgültigen finanziellen Ruin. Wiederum wurden die fünf Depot-Mitarbeiter gekündigt, das Café im Erdgeschoss hat zugesperrt, der Betrieb in der bisherigen Form wird ab sofort eingestellt. Das jähe Ende der interdisziplinären Schnittstelle von künstlerischer Produktion, Kunsttheorie und Wissenschaft wird nun in aller Drastik vollzogen: Auf einer Fotomontage (siehe Foto oben) steht die Depot-Dependance in der Breite Gasse 3, in der seit der schwarz-blauen Regierungsbildung auch vermehrt regierungskritische Veranstaltungen abgehalten wurden, in Flammen.

„Wir haben im Oktober 2001 ordnungsgemäß um Subventionen für das Jahr 2002 beim Bundeskanzleramt eingereicht“, grollt Zinggl, „bis heute ist unser Antrag nicht einmal behandelt worden.“ Zinggl spricht deftig von „unnötigen Schikanen“ und „parteipolitischen Initiativen“: „Seit über sechs Monaten werden immer neue formale Gründe angeführt, weshalb über unseren Antrag nicht entschieden werden kann.“

Erstmals wurden im Februar dieses Jahres vom Depot „weitere Unterlagen“ eingefordert, so etwa ein „Rechnungsabschluss 2001“, zu diesem frühen Zeitpunkt eigentlich unüblich. Des Weiteren, wie profil vorliegende Dokumente zeigen, wurden eine „detaillierte Kostenkalkulation der einzelnen Vorhaben“ und ein „Finanzierungsplan“ verlangt. Dazu Zinggl: „Wir haben diese Unterlagen ordnungsgemäß übermittelt.“

Auf informeller Ebene wurde Zinggl und seinen Mitarbeitern daraufhin zugesichert, dass das Depot über die nächste Sitzung des Subventionsbeirats Ende April vorab informiert werde, die – nach Maßgabe des Beirats – fehlenden Unterlagen könnten dann noch rechtzeitig eingebracht werden. Allein: Informationsaustausch fand keiner statt, Zinggl – am Vorabend aufgeschreckt durch eine Insider-Info aus dem Ministerium, dass am 23. April die nächste Subventionssitzung stattfinde – schickte zwei „überarbeitete Exemplare des Ansuchens“ just am 23. April per Eilboten an die zuständigen Stellen – dort sind die Unterlagen aber „offenbar nicht eingetroffen“, so Katharina Stourzh, Pressesprecherin von Kunststaatssekretär Franz Morak. Stourzh weiter: „Am 4. Juni findet die nächste Sitzung statt, da wird über die Subventionen für das Depot entschieden. Verzögerungen sind ja bisher nur auf Seiten des Depots entstanden. Parteipolitische Motive zu unterstellen“, so Stourzh, sei „einfach lächerlich“.

Autor: Wolfgang Paterno


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