VN Mi, 30.1.2002

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Der Nebel kam zur rechten Zeit

Künstler Douglas Gordon im Gespräch über seine Ausstellung in Bregenz

Feldkirch (VN-ag) Während im KUB seine großartige Ausstellung eröffnet wurde, musste sich der schottische Künstler Douglas Gordon (geboren 1966) in Feldkirch einer Rückenoperation unterziehen. Eine knappe Woche später hat er sich bereits das Video von der Operation angeschaut, denkt schon wieder an Fußball und stellt sich für ein Interview zur Verfügung.

Wien kennt Douglas Gordon noch aus Interrail-Zeiten. Dass seine erste Einzelausstellung in Österreich in Bregenz stattfindet, hat mehrere Gründe. Zum einen hat Gordon bereits mit Eckhard Schneider in Hannover gearbeitet, zum zweiten erzählte ihm Künstlerkollege Ross Sinclair begeistert vom KUB. Gordon: "Und da war natürlich noch die Architektur, dieses unglaubliche Haus von Zumthor, sodass die Entscheidung letztlich nur eine Frage des Termins war."

"VN": Wie war die erste Begegnung mit Bregenz und dem KUB?

Gordon: "Als ich im Oktober erstmals nach Bregenz kam, hatte ich schon einige Ideen, wie die Druckmaschine und der Film mit dem Nebel. Ich wusste zwar, dass Bregenz am Bodensee liegt, war mir aber nicht bewusst, dass es so nebelig ist. Als ich also aus dem Zug stieg, schien es wie ein Witz zu sein. Ich dachte, das Kunsthaus hätte sich in Unkosten gestürzt und extra Nebel für mich produziert" (lacht). Das Kunsthaus kannte ich von Fotos, aber auf die Erfahrung eines transparenten Gebäudes, das im Inneren völlig abgeschlossen ist, kannst du dich nicht vorbereiten. Ich wollte dieses kleine Spiel, das der Architekt begonnen hat, im mittleren Geschoß noch weiterführen, als eine Metapher, wo man hineinkommt und von der Architektur gar nichts sieht - das hat mir schon Spaß gemacht."

"VN": Im KUB arbeiten Sie nicht mit filmischem "found footage", sondern mit einer literarischen Vorlage. Wie verhalten sich Text und Bild zueinander?

Gordon: Das der Installation zugrunde liegende Buch von James Hogg ist visuell so stark präsent, dass es für mich eigentlich auch "found footage" ist. Ansonsten besteht kein so großer Unterschied für mich, auch wenn das Erlebnis eines Filmes und das Lesen eines Buches natürlich sehr verschiedene Erfahrungen sind. Für unsere Generation galt: lies das Buch, schau den Film, und schau den Film, lies das Buch. Diese Übersetzung zwischen Wort und Bild war für mich immer etwas Selbstverständliches.

"VN": Gilt "lies das Buch, schau den Film" auch für die Ausstellung?

Gordon: Absolut, es ist sogar noch extremer. Man sieht, wie das Buch gedruckt wird, man liest, man hört die Worte als Extrakte aus dem Buch. Du schaust, du hörst, und fängst wieder an zu schauen. Das Gebäude gibt diese Hierarchie von geschriebenem, gesprochenem Wort und visuellen Elementen vor. Du kommst aus den dunklen Räumen, quasi Fegefeuer und Hölle, ins Licht hinauf, der Film ist fast wie eine Befreiung. Du kommst in den hellen, schönen Teil, und plötzlich fällt dir ein, dass du wieder zurück musst . . .

"VN": Wobei der Film auch sehr zwiespältig wirkt. War es notwendig, die Wahrnehmung in den drei Geschoßen aufzusplittern?

Gordon: Das war vielleicht nicht eine Notwendigkeit, die ich verlangt habe, aber eine Notwendigkeit, die die Architektur verlangt hat. Das ist der Punkt, wo die Installation stark von der Architektur beeinflusst ist. Dass man es mit drei fast identischen Räumen zu tun hat, gibt dem Künstler die Möglichkeit, Unterschiede zu setzen.

"VN": Würden Sie das Buch von James Hogg als modern bezeichnen?

Gordon: Ja, ich denke schon. Ich habe sogar schon versucht, an einem Screenplay zu arbeiten, um die Geschichte in einen zeitgenössischen Film umzusetzen, was sich meiner Meinung nach sehr gut realisieren ließe.

"VN": Sind das Pläne für die Zukunft?

Gordon: Einen Film könnte ich mir schon vorstellen ¼

"VN": Aber keinen der 24 Stunden dauert, oder?

Gordon: Nein, keinesfalls (lacht). Das waren die alten Zeiten.

"VN": Aber mit "24 Hour Psycho" sind sie international bekannt geworden, auch wenn Sie sich gegen die Bezeichnung Video-Künstler wehren. Wieso eigentlich?

Gordon: Man sollte als Künstler nicht in eine Ecke hineinarbeiten, sondern versuchen, aus dieser Ecke herauszukommen. Das macht mehr Sinn für mich und es reicht, ein Künstler zu sein. Man muss kein . . . -Künstler sein, das wäre zu viel. Für mich ist wichtiger, ein möglichst breites Vokabular zu haben, damit man verschiedene Sprachen sprechen kann. Es genügt mir nicht, die ganze Zeit in der Kunst "gefangen" zu sein, auch die Schriftsteller, die ich mag, tun noch andere Dinge, und sogar Fußballspieler haben noch andere Interessen.

"VN": Mit Ihren Arbeiten stellen Sie nur das Spielbrett auf und liefern die Steine . . .

Gordon: Das war mir immer sehr wichtig. Du stellst die Steine auf dem Spielfeld zur Verfügung, aber es ist nicht notwendig, auch die Regeln zu bestimmen. Das kann natürlich manchmal auch frustrierend sein, aber ich denke, wenn ich genug Spielsteine anbiete und es interessant genug ist, dann kommt jemand mehr als nur einmal und kann damit umgehen.

Die Ausstellung von Douglas Gordon ist im Kunsthaus Bregenz bis zum 1.April geöffnet, Dienstag bis Sonntag 10 bis 18, Donnerstag 10 bis 21 Uhr.




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