Auf Bananenschalen und anderen Gags unterwegs
Von Claudia Aigner
Sein Schuldirektor hat ihm dereinst diagnostiziert:
"Armstrong-Jones mag wohl für irgend etwas geeignet sein, es ist aber
nichts, was hier an der Schule unterrichtet wird." Nun gut, damit dürfte
er Recht gehabt haben. Lord Snowdon (ein gebürtiger Antony Charles Robert
Armstrong-Jones) hatte damals wahrscheinlich wirklich nicht die
Pflichtfächer "Wie werde ich ein gefragter Fotograf der ,Sunday Times',
der ,Vogue' und von ,Harper's Bazaar' ", "Wie schieße ich die offiziellen
Porträts der Queen" und "Wie heirate ich - vorübergehend - Prinzessin
Margaret, heimse zwei Emmys ein und entwerfe ein Hörgerät". Das
KunstHausWien zeigt jetzt noch bis 27. Mai die fotografische Seite dieses
Mannes mit so vielen Talenten. Gnadenlos schmissig und mitunter
skurril waren ja schon seine frühen Modefotografien der 50er Jahre, die
auch vor Slapstick-Methoden nicht zurückschreckten (etwa einem Dressman
eine Bananenschale in den Weg zu legen). Auch wenn der Mann dann keinen
blauen Fleck am Hintern gehabt haben wird, weil es ja nur so aussieht, als
wäre er seiner Begleiterin einfach "weggeplumpst", scheint die fröhlich
schadenfrohe Botschaft zu sein: Wer Markennamen am Leibe trägt, ist auch
nur ein Mensch (und kann wie unsereins einem Stück Biomüll zum Opfer
fallen). Bei Snowdon gibt es praktisch immer einen Gag und die
Leichtigkeit leidet nie darunter, dass alles geradezu mathematisch
inszeniert ist. Jedes Detail sitzt (und wenn nicht freiwillig, dann wird
es halt mit einem Nylonfaden fixiert, wie der Strohhut in den Fluten der
Themse, neben dem ein Model im Bikini bei winterlichen Temperaturen
diszipliniert ein unbeschwertes "Sommergesicht" macht). In seinen
originellen Künstlerporträts führt Snowdon die ganze Palette seines
Einfühlungsvermögens vor. Sensibel: Henry Moores bildfüllende
Bildhauerhand. Eine regelrechte Charakterhand. Neckisch: Yehudi Menuhin
als hochkultureller Mensch mit der Geige in der Hand und in einer
tadellos-seriösen Pose. Freilich steht er im Unterleiberl da.
Hintergründig: Kenneth Brannagh bereitet sich und seinen Teint im
Sonnenstudio auf seine Rolle in "Othello" vor, wo er allerdings "nur" der
Jago ist. Ein Fall von "Pigmentneid"? Sympathisch anzüglich: Wolfgang Joop
liegt braungebrannt auf einer Liege in Monte Carlo. An seiner Seite: eine
Frau mit den perfekt an die männlichen Bedürfnisse angepassten Maßen (also
ohne Kopf). Und aus Plastik. Nur eine Schaufensterpuppe kann die Traumfrau
eines Modeschöpfers sein. Späte Genugtuung für all die Fische in
Formaldehyd: Damien Hirst, der - als Künstler - in einem Aquarium nur jene
Fische duldet, die unüberbietbar genügsam, nämlich tot sind, tut nackt und
von Plastikkrebsen bedrängt in einem Aquarium Buße (ohne Formaldehyd). Und
einfach furios: Margot Fonteyn wirbelt geisterhaft quer durchs Bild und
ist ganz und gar Bewegung. Berührend sind Snowdons Dokumentarfotos für
die "Sunday Times", die die Welt der Behinderten, Geisteskranken und Alten
ungeschönt hinnehmen. "British Rail - On The Wrong Track?" (Britische Bahn
- auf dem falschen Gleis?): Eine Frau im Rollstuhl ist hier
"gleichberechtigt" mit einem Reisekoffer, wird nämlich im Gepäckwagen
transportiert. Bekannt ist Snowdon aber nicht zuletzt wegen seiner
Porträts von den Royals. Wenn sich Prinz Charles, Lady Diana, William und
Harry zu einem Familienpicknick mit Pferd und Früchtestillleben einfinden
und dabei alles so steif ist wie ein gestärkter Hemdkragen, dann entbehrt
das nicht einer gewissen Entlarvung. Alles Fotos, an denen es nichts
auszusetzen gibt.
Erschienen am: 18.04.2001 |
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