Wiener Zeitung · Archiv


Kunstberichte

Die unwidersprüchliche Logik der Konstruktion

80. Geburtstag des österreichischen Architekten Johann Georg Gsteu
Illustration
- Bildhauerunterkünfte in St. Margarethen.  Foto: M. Nikolic

Bildhauerunterkünfte in St. Margarethen. Foto: M. Nikolic

Von Markus Kristan

Aufzählung Übereinstimmung von Nützlichkeit und Ästhetik.

Wien. In das Bewusstsein der Öffentlichkeit ist er noch immer viel zuwenig eingedrungen, in Fachkreisen jedoch genießt er höchste Wertschätzung: Johann Georg Gsteu, am 26. Juli 1927 in Hall in Tirol geborener Architekt, zählt zu den prägenden baukünstlerischen Gestaltern Österreichs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Zu Gsteus Klassenkameraden an der Salzburger Staatsgewerbeschule zählten Friedrich Kurrent, Wilhelm Holzbauer, Friedrich Achleitner und Hans Puchhammer. Von 1950 bis 1953 studierte Gsteu an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Clemens Holzmeister Architektur.

Wesentliche Anregungen für sein späteres Schaffen erhielt er an der Salzburger Sommerakademie 1956 und 1957 in den Seminaren von Konrad Wachsmann. Hier befasste sich Gsteu mit dem proportionalen Zusammenhang des kleinsten Details mit dem Volumensganzen und der Auslotung räumlicher Phantasien aus der Logik des Konstruierens.

Originalität, Materialgerechtigkeit und Betonung des Konstruktiven sind einige Begriffe, die Gsteus kraftvollen Bauten charakterisieren. Dies entspricht seinem kritischen aber offenen Wesen, wonach er die ihm gestellten Aufgaben nach allen Kriterien der Baukunst und der Bautechnik sowie der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Nützlichkeit hinterfragt. Aus reiner Technik entstehen bildkräftige Werke von hohem baukünstlerischen Rang.

Aus der Vielzahl der in 54 Jahren freischaffender Architektentätigkeit entstandenen Arbeiten müssen genannt werden: Das Seelsorgezentrum in Steyr-Ennsleiten, das Seelsorgezentrum Oberbaumgarten in Wien, die Bildhauerunterkünfte in St. Margarethen im Burgenland, die Zweigstelle der Zentralsparkasse am Sparkassenplatz in Wien 15, der Wohnbau in der Weiglgasse in Wien 15, die Stationsgebäude und technischen Bauwerke der U6 in Wien, die Gestaltung des Nordsteg in Wien und das Müllzentrum am Meidlinger Markt in Wien.

Gsteus runder Geburtstag wäre ein guter Anlass, in ei nem der Wiener oder Tiroler Museen eine Ausstellung über sein Werk zu zeigen. Auch eine Ehrung durch die Republik Österreich, die ihn bisher offiziell nicht so wirklich wahrgenommen hat, wäre an der Zeit.

Dienstag, 24. Juli 2007


Wiener Zeitung · 1040 Wien, Wiedner Gürtel 10 · Tel. 01/206 99 0 · Mail: online@wienerzeitung.at