Über das Neue, 1992

Mit Boris Groys, einer der einflussreichsten Kunsttheoretiker der Gegenwart, wird Rektor der Universität für Bildende Künste.
Von Roland Schöny.


Boris Groys zählt zu den wichtigsten Kunsttheoretikern der Gegenwart. Er wurde 1947 in Ostberlin geboren und studierte an der Universität von Leningrad Philosophie und Mathematik. Bald beschäftigte er sich jedoch mit oppositionellen und eigenständigen Formen der Kunst in den kommunistischen Länder und begleitete Künstler wie Ilya Kabakov mit seinen Texten.

Gesamtkunstwerk Stalin, 1996

Boris Groys / ©Bild: APA
Boris Groys / ©Bild: APA

Zu den großen Themen von Boris Groys zählen Überlegungen zur Kunst des Post-Kommunismus und Analysen über das Besondere von Avantgarden.

Zur Zeit unterrichtet er noch an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Am Wechsel aus der Position des Theoretikers zum Rektor hat Boris Groys die Möglichkeit gereizt, bestimmte Fragestellungen initiieren zu können. "Als Buchautor oder als Vortragender reagiert man in der Regel. Wenn man eine gewisse institutionelle Position hat, bekommt man die Möglichkeit die Dinge in eine Richtung zu bewegen", sagt Groys, der die Nachfolge von Carl Pruscha antreten wird.

Das Ende des musealen Zeitalters, 1997

Carl Pruscha, zwölf Jahre Leiter der Akademie, hat die Hochschule, die nun Universitätsstatus erlangt hat grundlegend reformiert. In seiner Ära gab es zahlreiche wichtige Ausstellungen und die große 300-Jahr-Feier mit der Popgruppe "Einstürzende Neubauten" oder dem britischen Künstler Peter Greenaway. Das Semperdepot wurde in ein Atelierhaus umgewandelt und Lehrkräfte, die für aktuelle Kunst stehen, wie Renée Greene, Peter Kogler oder Heimo Zobernig wurden an die Akademie geholt.

"Diese Entwicklung war für mich auch der Grund mich zu bewerben, weil ich das Gefühl habe, hier herrscht eine gute Atmosphäre, hier steuert eine Institution Ziele an, die mir sympathisch sind, die ich grundsätzlich teile.", streut Groys seinem Vorgänger Rosen.

Unter Verdacht, 2000

Neu für die Universität der Bildenden Künste ist, dass mit Boris Groys ein Kunsttheoretiker zum Rektor gewählt wurde. Das kann bedeuten, dass seine künftigen kulturpolitischen Maßnahmen und Stellungnahmen in einem sehr breiten Zusammenhang diskutiert werden. Durch seine internationalen Kontakte könnte es ihm gelingen, zahlreiche weitere interessante Lehrkräfte zu engagieren. Grundsätzlich strebt Boris Groys eine intensive Verbindung von Kunst, Philosophie und Neuen Medien an. "Der Kunstraum ist ein Ort der Interaktion, in dem komplizierte Zusammenhänge koexistieren", umreißt Groys seine Position.

Boris Groys könnte den Stellenwert der Universität der Bildenden Künste weiter anheben. Die Amtsübergabe erfolgt zu Beginn des kommenden Jahres

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