Anonymous, Irwin, Johanna Kandl, Valery Koshlyakov, Olaf
Nicolai, Michelangelo Pistoletto, Eliezer Sonnenschein - dies die Liste an
Künstlern, die in der Sammlung Essl in Klosterneuburg auf Anregung von
Zdenka Badovinac aktiv wurden.
Die Kollektion des Sammlerehepaares Essl diente als
Ausgangspunkt. Es durfte in die Bestände gegriffen werden. Doch halt, es
gab thematische Vorgaben: Eine Kommunikation mit den Essl-Bildern sollte
entstehen - und die Frage nach dem Zustand, nach der Möglichkeit von
Malerei gestellt werden.
Auch ein Schuh von Warhol
Wie zu erwarten: Die Ergebnisse fielen unterschiedlich
aus. Spiegelnd natürlich bei Michelangelo Pistoletto, der die vier Wände
in seiner Koje mit Bildern behängte und ihnen Spiegelwände
gegenüberstellte, auf denen er "Malerisches", etwa Farbtöpfe, den Maler
mit dem Pinsel in der Hand und dem Rücken zum Betrachter, applizierte.
Also spiegelt sich die Kunst, die ja auch die Zeit spiegelt, in der sie
entstand, im Spiegel der Gegenwart - und bezieht noch den Betrachter als
Spiegelbild mit ein. Bilder von Stella und Richter und zwei Tafeln von
Arnulf Rainer kommen so zwischen den Zeitschichten und dem Betrachter zur
Geltung.
Weit profaner agiert hier "Anonymous", eine New Yorker
Künstlergruppe, die drei Werke aus der Sammlung, einen Lucio Fontana und
je ein Bild von Hans Hartung und Pierre Soulages, zum Triptychon
erweitert. Kopie heißt das Instrument dafür. Einmal hängt das Werk in
gleicher Größe abgemalt, dann verkleinert auf weißem Grund gemalt neben
dem Original. Anonyme Kopien also - oder gar Repliken, ein Rückgriff
jedenfalls auf frühere Gebräuchlichkeiten, was die Anonymität derer, die
sie ausgeführt haben, noch unterstreicht.
Großen Spaß im Reagieren auf das Ausgewählte scheint der
russische Klebeband-Maler Valery Koshlyakov gehabt zu haben. So legt er
einem goldenen Schuh von Andy Warhol eine ganze Skyline aus Pappkarton und
Klebestreifen zu Füßen und der "Venus von Milo" von Jim Dine pickt er
einen großen Tempel in den Rücken.
Ein besonderes Verhältnis zur Farbe hat Johanna Kandl:
Knallbunt liegt hier in einem ihrer Bilder die bekannte
Nachkriegswerbefigur, der "Fritzelack"-Lehrling, vor seinen umgeworfenen
Lacktiegeln. Ein Text erhellt die Situation. Die Eltern Kandls hatten eine
Farbenhandlung in Wien Floridsdorf. Der Boom der Baumärkte wurde zur
Bedrohung, bis "unser Farbengeschäft dann auch den Fritzelack gemacht
hat", schreibt Kandl. Sie zog die Konsequenzen: "Den ökonomischen
Verhältnissen angepaßt, verkaufe ich Farbe nur noch als weiter
verarbeitetes Produkt" und "mein Verhältnis zum Baumarktbesitzer Essl ist
nicht ungetrübt".
Geholfen hat dann doch noch ein Ankauf einiger ihrer
Bilder durch das Sammlerehepaar, denn "danach ging ich zum ersten Mal in
einen Baumarkt und kaufte eine Holzplatte". Konsequent und versöhnlich,
daß Kandl also neben den einen Fritzelack reißenden "Fritzelack" ein Bild
mit den Essls beim Atelierbesuch und eine Szene aus dem Baumarkt gehängt
hat.
Arnulf Rainer Illustrieren und Übermalen läßt sich im
Zeichenbuch für Kinder, das Olaf Nicolai aufgelegt hat. Die Umrisse von
Rainers geometrischen "Proportionsordnungen" von 1954 lassen sich mit
Stiften ausmalen. Ob man sich dabei an die rundherum gehängten Originale
hält oder selbst kreativ wird, bleibt jedem überlassen. Ebenso, ob man die
wuchtigen Rahmen mag, mit denen die slowenische Gruppe "Irwin" Gemälde
Frank Stellas in einen neuen Kontext zwängt. Oder, ob man sich im
hermetischen Dickicht aus Gut und Böse des von Eliezer Sonnenschein mit
Collagen und Computerbildern zur aktuellen Situation in Israel
ausgestatteten Raumes zurechtfindet.
Und doch muß man es bei "(un)gemalt" mit Kuratorin
Badovinac halten, die meint: "Solange es noch einen letzten Betrachter
gibt, existiert auch immer noch die Malerei." Derzeit besonders in
Klosterneuburg.
Bis 27. 10, Di.-So. 10-19 Uhr, Juli und August: Mi.
10-22 Uhr.
© Die Presse | Wien