Salzburger Nachrichten am 30. Juni 2006 - Bereich: Kultur
Weiter Bogen des Glücks

Das Künstlerkollektiv Superamas führten bei der Sommerszene in Salzburg erstmals den letzten Teil ihrer "BIG"-Trilogie auf: Wenig Glück bei "Happy/End".

Hedwig KainbergerSalzburg (SN). Da stehen vier junge, halbnackte Männer auf der Bühne, wollen Gitarre spielen und singen. Doch sie kommen nicht über die ersten Takte hinaus, weil einer von ihnen, James, offenbar ins Unglück gestürzt ist. Erst war für James die heftige Liebesnacht mit Grace himmelhohes Glück. Als Grace ihm aber gesteht, sie sei schwanger, ist's aus und vorbei mit dem Glücksgefühl. James' Sängerfreunde sind entsetzt, raten ihm dringend, Grace mit allen Mitteln zur Abtreibung zu bringen - und sei's mit der Lüge, seine Frau für sie zu verlassen.

Mit dieser Szene beginnt das Künstlerkollektiv Superamas die dritte Episode seiner 2002 begonnenen Trilogie "BIG". Der einstündige Abend mit dem Titel "Happy/End" wurde am Mittwoch bei der Sommerszene Salzburg im "republic" uraufgeführt. Superamas sind Präsidenten der Sommerszene. Ihr Motto: "Sex, Crime and the City."

Die Episode der vier singenden Männer wird wiederholt, allerdings an manchen Stellen unterbrochen, dann neu begonnen, abgebrochen. Die abrupten Brüche wirken wie die Frage: Ist das o.k., was die da reden?

Dann sind da drei junge Frauen im Fitnesscenter, die sich mit kaum zu ermessender Dummheit über Sex und Selbstbefriedigung mittels vibrierendem Schmetterling unterhalten. Auch diese Szene wird mehrfach gespielt, unterbrochen, abgebrochen, einmal bleibt eine Darstellerin stumm und unbewegt, ihre Stimme kommt aus dem Off.

Vor, zwischen und nach diesen beiden Schlüsselszenen, offenbar Ausgangspunkte für die Einladung von Superamas, über das Glück nachzudenken, wird musiziert und gesungen - über die "schöne Gesellschaft", über die zerbrechliche Welt oder darüber, dass niemand wisse, wie sehr es weh tue. Es wird getanzt. Und es werden Videos eingespielt, über den Traum vom Glück der Superamas, in New York Erfolg zu haben, oder über einen äußerst skurrilen Tanz mit verschränkten Armen auf den Schultern und abschließendem Urschrei, der angeblich befreit und das Leben ändert.

Schließlich wird ein Text des französischen Philosophen Jacques Derrida über Glück und Nutzen vorgetragen, der mit dem französischen Satz endet: "All dies wird sehr schlecht enden, in allen Fällen."

Am meisten beeindruckt an dieser "3rd episode", wie die Künstler von Superamas Tanz, Musik, Gesang, Schauspiel und Video verbinden, wie präzise sie auf der Bühne agieren und wie virtuos sie tanzen. Allerdings: Ein Publikum, dem man Derridas englisch-französischen Text zumuten kann, ist vom hypersexuellen Glückgefasel der beiden Eingangsszenen unterfordert. Der Bogen des Glücks - vom Banalen zu Derridas Dekonstruktion - ist allzu weit gespannt.

Erstaunlich ist, wie zwanglos Superamas mit Product-Placement umgehen: Eine Lichtsäule in Form eines Bierglases steht auf der Bühne. Aha! Eine Brauerei sponsert. Und zur Verstärkung ihres Ausrufs "Christ!" trinken die vier entsetzten Sänger der Anfangsszene Bier der sponsorpolitisch korrekten Marke.