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Tauchgänge zum schwarzen Atlantis

In den USA ist Ellen Gallagher ein Star. In Österreich stellt sie erstmals - gemeinsam mit Laura Horelli - in der Innsbrucker Galerie im Taxispalais aus

INNSBRUCK. Ellen Gallagher ist 39, Amerikanerin und schwarz. Obwohl sie nach Innsbruck auch Filme mitgebracht hat, versteht sich die in New York lebende, international umtriebige Künstlerin primär als Malerin. Auf große Papiere setzt Gallagher ihre Zeichen, Spuren und Strukturen, die eine ebenso dekorative wie subtile Auseinandersetzung mit der Geschichte der Schwarzen sind.

Die Rhythmen von Jazz und Soul bestimmen formal diese lange Geschichte von Leid, Widerstand und Rebellion. Als Vehikel der Realität benützt Gallagher stereotype Zeichen wie negroide Lippen, Köpfe oder Körper, die sie reihenförmig oder mustrig anordnet, wodurch das Einzelne zum Allgemeinen mutiert, das private Schicksal in der kollektiven Geschichte eines Volkes ertrinkt.

Ellen Gallagher ist eine exzellente Technikerin, die ihre Anliegen bisweilen mit dem Skalpell in dicke Papiere "schnitzt". In zwei großen schwarzen Bildern spielt sie dagegen mit der Qualität von Schwärzen, mit Zonen des Glänzenden und Matten, Glatten und Amorphen. Durch kunstvolle Applikationen mutiert der schwarze Atlantik zum "schwarzen Atlantis", zum kollektiven Sehnsuchtsort der schwarzen Amerikaner.

Die ganz eigenwillige Handschrift von Ellen Gallagher setzt sich auch in ihren 16mm-Filmen "Murmur" fort, die in Zusammenarbeit mit dem holländischen Künstler Edgar Cleijne entstanden sind. Sie sind höchst originelle Collagen aus Animation, aus Zeitschriften Abgefilmtem und direkt in die Filmemulsion Gekratztem, inhaltlich wieder kreisend um schwarze Identität.

Die 28-jährige, in Berlin lebende Finnin Laura Horelli thematisiert in ihren Video- und Fotoarbeiten dagegen auf den unterschiedlichsten Ebenen den Gegensatz von Privatem und Globalem. So zeigt sie etwa ein Video mit ihrer 90-jährigen Großmutter, die von ihrem wechselvollen Leben als Frau eines Diplomaten und gleichzeitig praktizierender Ärztin erzählt. Um Rollenklischees geht es hier, um weibliches Selbstverständnis und deren allmählichen Wandel.
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Galerie im Taxispalais, Maria-Theresien-Straße 45, Innsbruck; bis 15. August, Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr
2004-06-25 15:04:19