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Punktlandung auf dem Berg |
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Für die 51. Kunstbiennale von Venedig,
eine der renommiertesten Länderausstellungen für
zeitgenössische Kunst, wurde der Österreich-Pavillion in einen
Berg verwandelt. Ein Tiroler Zimmermeister baute
auf.
Von Eva Stanzl e.stanzl@wirtschaftsverlag.at
Fotos Hans Schabus
Franz Ritzer kennt den
Berg von innen und von außen. Von oben und von unten - die
Spitze, die Basis, die Seele und das Herz. "Angefangen hat
alles mit einem Haufen Holz", blickt er zurück. Dem er, als
Zimmermeister, Struktur gab. In sieben Wochen Arbeit mit einem
15-köpfigen Team. Der Holzberg wächst nunmehr über das Haus
hinaus. Genauer: den Österreich-Pavillion im
Ausstellungsgelände von Venedig. Aus seinem Inneren können
Besucher über die Lagunestadt blicken. Der Berg namens
"Das letzte Land" ist ein Entwurf des Kärntner Künstlers Hans
Schabus. Er ist der Beitrag Österreichs zur 51. Kunstbiennale
von Venedig, die ihre Pforten am 10. Juni öffnete und bis 6.
November offen hält. Das 16 Meter hohe Kunstwerk bedeckt den
von Josef Hoffmann 1934 erbauten Pavillion, und unterläuft ihn
gleichzeitig - verändert den Charakter des Gebäudes also
völlig. Besucher bewegen sich innerhalb und außerhalb des
Pavillions, dessen Glasdach dafür abgenommen wurde. Schabus
arbeitete einerseits "mit dem Konzept Länderpavillion", sagt
er, die ihren Ursprung bei der Weltausstellung von 1873 in
Wien nahmen, wo die nationenorientierte Selbstdarstellung
wirtschaftliche Kontakte befördern sollte. Die Biennale, heute
eine der wichtigsten Veranstaltungen für zeitgenössische
Kunst, sollte ursprünglich ähnlich wie eine Expo das Augenmerk
auf die Lagunenstadt lenken, indem sie auserwählten Künstlern
eine internationale Öffentlichkeit bringt. Schabus: "Ich komme
aus dem Kanaltal - ein schmales Tal, von Bergen gesäumt. Jetzt
lasse ich einen Berg bauen, dessen unterstes, innerstes man
betreten kann - in Venedig, einer Stadt ohne Keller, in der es
kein ´Darunter´ gibt."
120 Tonnen Holz
verarbeitet Aus 90 Kubikmeter oder 120 Tonnen Holz
35x35x16 Meter Alpines schaffen: ein Renommierauftrag für
Zimmermeister Ritzer. Der Tiroler spezialisiert sich seit
sieben Jahren auf die Umsetzung von Kunstprojekten. "Solche
Sachen kann man nicht machen, wenn man nicht bereit ist, in
den theoretischen Diskurs einzusteigen, um ästhetische
Antworten auf die baulichen Aufgaben zu finden. Man muss sich
vorstellen können, worum es dem Künstler geht", sagt er. Zwar
würden Aufträge wie der Bau von Einfamilienhäusern mehr Geld
abwerfen als Kunstwerke. Und die Berg-Form sei im Vergleich
zum Haus "ganz schön kompliziert". Jedoch sei beim Hausbau der
Konkurrenzdruck viel größer, und die Kosten - etwa bei
Personal - höher. "Ich habe mit den Kunstprojekten ein
besseres Gefühl", sagt Ritzer, und: "Ich würde kein Objekt
mehr machen, mit dem ich mich nicht identifizieren
kann." Zusammen mit einem Architekten und einem Statiker
entwickelte er das Gerüst, das den Berg trägt, aus 7430
Laufmeter Lärchen-Vollholz - mit 170 tragenden Säulen und
formgebenden Balken, mit einer formgebenden
Doppelzangen-Unterkonstruktion, Windrispen und 19
Treppenläufen. 200 Stück Strohplatten von rund 7 Quadratmetern
ergaben die Oberfläche, darüber kam 200 Quadratmeter graue
Dachpappe. "Plus etwa 70.000 Nägel", sagt er. "Hauptsächlich
aus Kostengründen" käme die Konstruktion ohne Stahlträger aus:
Die müssten vorgefertigt werden - das Holz hingegen schneide
Ritzer selbst vor Ort zu. "Es gibt wenige, die eine solche
Konstruktion zu diesem Preis anfertigen können", resümmiert
er. Die Bausumme macht 200.000 Euro für die Verarbeitung vor
Ort plus Honorare für die freien Mitarbeiter. Warum sich
das rechnet? Der Chef packt auf dem Bau selbst mit an, "so
kann ich alles gut koordinieren." Und da Künstler-Aufträge
unterschiedlich groß seien, käme er mit weniger
Fixangestellten aus als andere. "Die üblichen Zimmereibetriebe
haben meistens zwischen sechs und acht Angestellte, um den
Erfordernissen des Marktes entgegenkommen zu können. Ich habe
nur zwei - plus einen Pool von freien Mitarbeitern, auf die
ich zugreifen kann." Die Fixkosten - Werkstätte in der Wiener
Burggase, Werkzeug, Maschinen und Computer - sind also gering.
Jährlich setzt der Spezialist für gebaute Kunst rund 300.000
Euro um. (6/05) |
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