Glatzköpfig wie ein Würstel
Von Claudia Aigner
Zahlt man die Studiengebühren jetzt eigentlich pro Kopf oder
pro Hintern? Ähm. Wie kommt man denn auf so eine abartige Frage? Na ja,
wenn man sich das Opus "Sparstudium" von Gerhard Gepp ansieht (bis 5. Mai
in der Galerie am Salzgries 19). Da hat nämlich eine Studentin so eine Art
"Wohngemeinschaft" zwischen den Schultern sitzen. Sprich: Ihr Hals ist mit
elf Köpfen deutlich überbelegt. Gerhard Gepp ist ein berüchtigter
Meister der intellektuellen, allgemeinmenschlichen Karikatur. Seine sehr
einfach (man möchte sagen: existenziell) gezeichneten Menschen (aus dem
Geschlecht der "Gepplinge") bringt er meist in recht surreale Situationen.
Oder steckt da die Weisheit dahinter, dass die absurdeste, abwegigste
Verhaltensweise oft halt einfach die naheliegendste ist? Wer könnte es
Hamlet verdenken, wenn er sich für seinen "Sein oder nicht sein"-Monolog
beim Regisseur ausnahmsweise einmal einen Bühnenpartner mit mehr Hirn
bestellen würde (zumindest einen potenziell intelligenteren Zuhörer als
den IQ-mäßig total ausgelaugten Totenschädel)? Bei Gepp hat Hamlet
jedenfalls ein Gehirn in der Hand. Neben seinen Bildern, wo Gepp auch
geschickt mit Oberflächen experimentiert, hat er auch kongeniale Objekte
in petto. Einmal haben seine "Gepplinge", die so glatzköpfig sind wie
Frankfurter Würschteln, gerade so viel Bewegungsfreiheit wie Hundefutter
in der Dose. Das liegt aber vielleicht daran, dass sie sich tatsächlich in
einer Konservendose befinden. Fast schon genial-absurd: Andere mögen sich
ja an Hundeleinen festhalten. (Wie abgedroschen.) Wer sich aber als echter
"Geppling" outen will, greift sich den schweren Stein, der einen bequemen
Tragegriff hat (das Opus "Anhalter") und kann sich damit ja eventuell
dorthin begeben, wohin andere mit ihrem Hund Gassi gehen. Empathische
Personen werden schon beim Eintreten zittern wie Espenlaub. Denn Claus
Prokop (bis 19. Mai in der Galerie T19, Tuchlauben 19) hat nach dem Motto
" . . . schauen, ob es noch zappelt" etwas dementsprechend Zappeliges
zusammengebastelt und gleich in Türnähe platziert, wo jetzt regelmäßig ein
plötzlicher Schauer durch einen Draht läuft, auf dem Papierschnipsel
aufgehängt sind (genaugenommen: kopierte Details aus Prokops
Leinwandbildern). Auch sonst zuckt und schnalzt und rumort es hier, weil
Drähte ziemlich primitiv (oder sagen wir lieber: sehr individuell) mit
ausrangierten Maschinenteilen vereinigt wurden. Und jedes Ding hat seinen
eigenen, charmanten oder nervigen Bewegungsmodus. Spannende Mischungen aus
Spieltrieb und Improvisationstalent. Und eine faszinierende künstlerische
Form von Evolution: Am Anfang ist das traditionelle Tafelbild, das hat
dann was mit einem Kopierer, tut sich mit Teilen von Anrufbeantwortern
oder Scheibenwischanlagen zusammen - und wird von der Steckdose zum Leben
erweckt. Die echten Bilder an der Wand habe ich daneben kaum noch bemerkt.
Zum einen ist Hernando Osorio (bis 12. Mai in der Galerie Sur,
Seilerstätte 7) ein "Seepferdchenchoreograf": In einer Reihe schauen alle
Seepferdchen nach links, in der nächsten nach rechts, dann wieder nach
links usw. In Osorios dekorativen Tierherden und -schwärmen herrschen eben
geordnete Verhältnisse wie in einer Schmetterlingssammlung (wenn auch ein
bisschen rhythmischer). Dann hat Osorio auch noch ein Naheverhältnis zum
Sand. Das hat ein Sandsturm zwar auch, aber meistens nicht auf diese
sinnliche, einfühlsame Weise. Osorio mischt nämlich Sand unter seine
Ölfarben. Ehrlich gesagt: Diese Bilder sind schon unverschämt schön.
Erschienen am: 27.04.2001 |
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