Den Weg in die Hauptstadt nahm Haag in Etappen: Erst studierte sie ab 1981 zwei Jahre lang Kunstgeschichte, Anglistik und Amerikanistik in Innsbruck. In Wien dann schloss sie ihr Kunstgeschichtestudium 1989 mit einer Diplomarbeit über Angelika Kauffmann als Porträtistin - die Malerin hatte in ihrer Jugend einige Jahre im Bregenzerwald gelebt - ab.
Seit 1990 ist sie für das KHM tätig - zunächst im Werkvertrag, zuständig für die Inventarisierung der Bestände der Kunstkammer, der Weltlichen und Geistlichen Schatzkammer sowie der Tapisseriensammlung. Da lag das Dissertationsthema Studien zur Elfenbeinplastik des 17. Jahrhunderts. Vorarbeiten für einen systematischen Katalog der Elfenbeinarbeiten des KHM fast auf der Hand.
Da sie "fantastisch" gearbeitet habe, wurde sie mit ihrer Promotion 1995 zur Kustodin bestellt, 2002 zur stellvertretenden Direktorin ernannt. Manfred Leithe-Jasper, der ehemalige Leiter der Kunstkammer, gerät geradezu ins Schwärmen, wenn er über Haag redet. Sie sei gegenüber Wilfried Seipel, dem scheidenden Generaldirektor, immer kritisch eingestellt gewesen - "und sie hat ihm standgehalten". Zudem verfüge sie über "größtes Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschen wie Kunstwerken". Der Diebstahl der Saliera im Mai 2003 - Leithe-Jasper hatte Seipel wiederholt auf den Wahnsinn hingewiesen, das Kunstwerk ohne Schutz in der Gemäldesammlung aufzustellen - war daher auch für sie ein enormer Schock.
2007 wurde Haag Direktorin der seit 2002 wegen Umbauarbeiten geschlossenen Kunstkammer sowie der Schatzkammer in der Hofburg. Die Liste ihrer Forschungsprojekte und Publikationen ist lang; dennoch gelingt es ihr, Beruf und Privatleben - sie ist verheiratet und hat drei Buben, darunter Zwillinge - in Einklang zu bringen: Ihr wird bescheinigt, über ein großes Organisationstalent zu verfügen. Und sie sei ein "absoluter Teammensch". Sich selbst bezeichnet Haag "als Barockmensch", sie möge das Elfenbein als Material sehr gerne. Dass ihr die Wiedereröffnung der Kunstkammer "ein ganz besonderes Anliegen" ist, versteht sich von selbst. (Thomas Trenkler / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.6.2008)