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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
11. April 2007
18:08 MESZ
Link: www.magnumphotos.com  
Die Reportagenkooperative: Magnum
Die legendäre Bildagentur wird dieser Tage 60

Wien – Eine Magnum-Flasche Champagner soll Namenspate gestanden haben, als die Fotografen Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, George Rodger und David Seymour 1947 in Paris beschlossen, eine Foto-Agentur als Kooperative zu führen. Groß war der Anspruch, professionell die Umsetzung, der Erfolg nachhaltig.

Weil einige der Besten der Branche zusammenkamen und -blieben, wurde Magnum bald zum Synonym für hervorragende Bildreportagen. Gerade weil sie nicht den gängigen Magazinformeln folgten, war und blieb ihr Stil gefragt, auch als Kunden wie Life, Paris-Match und der Stern in jeder Hinsicht an Format verloren. Wobei es bei den bald sehr zahlreichen "Primadonnen" (Magnum-Mitglied Elliott Erwitt) und "einzelgängerischen Zen-Meistern" (Philip Griffith) gar keinen einheitlichen Stil gab.

Unter den Österreichern war etwa Ernst Haas, nach seinen düsteren Nachkriegsbildern aus Wien, zum Lyriker der Farbe geworden; Inge Morath wurde für ihre sehr persönlichen Reisereportagen und Porträtserien geschätzt; und Erich Lessing war und ist ein überragender Allrounder der Fotografie.

Als Mann fast der ersten Stunde (er lernte Seymour 1950 kennen) und damals noch für die Associated Press tätig, stellte Lessing sich den unterschiedlichsten Herausforderungen. Mal war er bei Hollywood-Dreharbeiten dabei, mal bei großen politischen Konferenzen. Sein Foto von Figl und den Außenministern auf dem Balkon des Belvedere wurde zum Symbolbild der Zweiten Republik. Seine Reproduktionen und Inszenierungen von Kunstwerken füllen in Buchform ganze Regalmeter. Vor allem aber machte er Osteuropa, den damaligen "Ostblock", zu seinem Arbeitsgebiet. Lessings Bilder vom Ungarnaufstand gehören zum festen ikonischen Bestandteil des 20. Jahrhunderts. Sie wurden letztes Jahr in einer großen Retrospektive gezeigt; die englische Neuauflage zählt der Historiker Istvan Deak in der New York Review of Books zu den wichtigsten Büchern über die Ereignisse von 1956.

Dass Lessing auch ein Meister der kleinen Form – und damit dem Geist von Magnum anverwandt – ist, belegen viele Bilder, die wie zufällig entstanden wirken und doch genau auf dem Punkt sind. Etwa als Lessing 1958 den gerade ernannten französischen Regierungschef General de Gaulle im Schlaglicht seines Algerien-Besuchs festhielt. Wie schon Cartier-Bresson in seinem meistzitierten Satz sagte: Auf den richtigen Augenblick kommt es an. (Michael Freund / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 12.4.2007)


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