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Kompromisslos auf dem Kunstweg

Auch nach der Rückgabe von Klimt-Bildern ist die Österreichische Galerie im Wiener Belvedere für Hochkarätiges gut. Derzeit gilt das Augenmerk Egon Schiele und seinem Kreis. Ein lohnender Blick auf das Werk der "Neukunstgruppe".

VON FRANZ THEK

Als 19-Jähriger hat Egon Schiele (1890-1918) nach einem heftigen Abgang von der Akademie mit Gleichgesinnten die "Neukunstgruppe" gegründet. Noch im gleichen Jahr wurde im Wiener Kunstsalon Pisko die erste gemeinsame Ausstellung eröffnet.

Die Schau im Oberen Belverdere zeigt nun etwa 60 Bilder und Dokumentarisches aus dieser Zeit. So sind Werke von Egon Schiele, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Anton Faistauer, Anton Kolig, Anton Peschka, Arnold Schönberg, Franz Wiegele u.a. im Kontext, aber auch als Gegenüberstellung zu sehen. Durch die thematisch gegliederten sieben Räume führt ein Textband aus Schieles Neukunst-Manifest.

Ein neuer Malstil

Die Kuratoren Tobias G. Natter und Thomas Trummer lassen die Besucher Schieles expressive Fährte weg von Historismus und Jugendstil in einer zeitlich übersichtlichen Folge aufnehmen. Museumsdirektor Gerbert Frodl dazu: "Ziel dieser Ausstellung ist, die Entstehung eines neuen Malstils deutlich zu machen."

Die Räume 1-3 zeigen frühe Werke und Neukunst-Aktivitäten. Raum 4 gleicht in der Gegenüberstellung von Schiele und seinem Mentor Klimt einer mit Spannung geladenen Schatzkammer. In Sichtachse Klimts "Kuss" und Schieles "Eremiten", neben der Klimt-Ikone kontroversiell Schieles "Kardinal und Nonne" in inniger Umklammerung.

Die folgenden Räume sind dem Menschenbild der Neukünstler und den Freunden gewidmet. Die letzte Abteilung gilt der titelgebenden "Tafelrunde" Schieles von 1917. Ein Bild, das vor acht Jahrzehnten zum letzten Mal öffentlich ausgestellt wurde und 1918 als Motiv für die 49. Ausstellung der Secession Verwendung fand. Auf dem Plakat fehlt allerdings Gustav Klimt, der inzwischen gestorben war.

Die gesamte Ausstellung signalisiert zusätzlich zur Bedeutung der Werke "die Freundschaft als Netzwerk" (Tobias Natter) und soll auch die ersten Versuche, ein Kunstmarketing zu aktivieren, aufzeigen (Thomas Trummer).

Zur sehenswerten Schau ist auch ein informatives Katalog-Buch erschienen (DuMont, 232 Seiten, 228 Euro).

Info: Wien, Österreichische Galerie, Oberes Belvedere. Bis 24. September. Geöffnet Di. bis So. 10-18 Uhr. www.belvedere.at

Auch privat ohne Zugeständnisse: Egon Schieles "Die Familie" (1918) Foto: Österreichische Galerie Belvedere


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