Salzburger Nachrichten am 11. Februar 2006 - Bereich: Salzburg
Der Standpunkt: Die Urangst vor der Kunst des Unvertrauten

KARL HARB

Immer wieder dasselbe Muster: Wir erinnern uns an die Aufregung, als der Künstler Anton Thuswaldner im Mozartjahr 1991 das Mozartdenkmal auf dem Mozartplatz "konsumkritisch" mit "Einkaufswagerln" umgeben hat. Wir erinnern uns, wie eine Skulptur der Gruppe "Gelatin" vor dem Rupertinum 2003 für Sommererregung sorgte (durch die vom Bürgermeister verordnete "Einhausung" noch viel mehr als durch die Kunst selbst!). Von der "Hommage à Mozart" - so heißt die Lüpertz-Statue auf dem Markusplatz korrekt - ganz zu schweigen.

Und jetzt also ein Helikopter. Noch ist gar nicht gewiss, ob er - technisch - überhaupt auf dem Mozartplatz wird "landen" können. Doch die Urangst vor dem Neuen hat schon um sich gegriffen. "Kunst entsteht durch Verschiebung des Vertrauten", sagt heute an anderer Stelle dieser Zeitung (Kultur, Stammblatt, Seite 13) der Komponist, Musikum-Direktor und künftige Leiter des "Aspekte"-Festivals für Neue Musik, Ludwig Nussbichler. Öffentliche Plätze sind vertraut. Wer hier eingreift, egal in welchen Dimensionen, verschiebt das Gewohnte. Man könnte das, tolerant genug, als Chance begreifen, etwas Vertrautes - auf Zeit - mit "anderen Augen" wahrzunehmen. Stattdessen scheinen Abwehrreaktionen natürlich.

So fürchtet der Bürgermeister um die schöne Kulisse, die (ÖVP-)Opposition der Stadt fordert gar, von der Politik und nicht von eben eingesetzten Fachgremien entscheiden zu lassen, was im öffentlichen Raum Kunst sein darf. Und die Veranstalter und Kuratoren erklären nicht öffentlich klar und ungeschminkt schon in der Planungsphase, was sie vorhaben.

Immer wieder dasselbe Muster: Gerade in sensiblen Bereichen müsste zuvorderst um Vertrauen und Sympathie geworben werden. Stattdessen muss erst "enthüllt" werden, was offen gelegt (und sachlich debattiert) gehört. Und die Stimmung ist aufgeladen, noch bevor etwas "abgeladen" ist. Unter die Räder (oder die Rotorblätter) gerät, wieder, die ernsthafte, notwendige Debatte über Kunst im öffentlichen Raum.