London. (Apa / WZ Online) Dreister Kunstdiebstahl
in England: Unbekannte Diebe haben eine Bronze-Skulptur des britischen
Bildhauers und Grafikers Henry Moore im Wert von umgerechnet 4,4 Millionen
Euro gestohlen. Überwachungskameras im Park der Henry-Moore-Stiftung in
Perry Green filmten, wie drei Männer die rund zwei Tonnen schwere Skulptur
mit einem Ladekran auf einen Lastwagen hievten und mit ihrer Beute
verschwanden. Von den Dieben dieses "Nationalschatzes" der Briten fehle
bisher jede Spur, teilte die Polizei am Sonntag mit.
Die Ermittler befürchten, dass die Täter die wertvolle Skulptur aus
Bronze einschmelzen und das Metall stückweise verkaufen könnten. Der reine
Materialwert wird auf umgerechnet rund 7.500 Euro geschätzt. "Wir
ermitteln in alle Richtungen", sagte Chef-Inspektor Richard Harbon. "Das
war kein Gelegenheitsdiebstahl. Diese Leute wussten genau, was sie tun."
Die Skulptur sei so bekannt, dass es kaum möglich sein dürfte, sie als
Ganzes zu verkaufen.
Das Kunstwerk mit dem Titel "reclining figure" (zurücklehnende Figur)
aus den Jahren 1969/70 war bereits am Donnerstag vom Gelände der Stiftung
verschwunden. "Wir sind in heller Aufregung", sagte der Sprecher der
Stiftung, Gareth Spence. "Dass die Skulptur gestohlen wurde, ist schon
schlimm genug, aber die Vorstellung, dass sie eingeschmolzen werden
könnte, ist einfach unerträglich." Ein derartiger Diebstahl sei noch nie
vorgekommen, das Gewicht der Skulpturen habe als ausreichendes Hindernis
gegolten. Spence kündigte an, die Sicherheitsvorkehrungen überprüfen zu
lassen. Die Stiftung setzte für Hinweise auf den Verbleib des Kunstwerks
eine hohe Belohnung aus.
Der 1898 in Castleford geborene Moore gilt als der bedeutendste
britische Bildhauer. Zu den Grundthemen seiner Arbeiten zählen menschliche
Figuren, die aus Holz, Stein, Bronze, Zement und Terrakotta gearbeitet
sind. Die liegende, zurück gelehnte Figur war ein zentrales, immer wieder
variiertes Thema seiner Großplastiken.
Moores Stil hat die europäische Skulptur der frühen Nachkriegszeit
erheblich beeinflusst. In den 50er und 60er Jahren galten seine
gesichtslosen Menschenfiguren als Inbegriff der Moderne. Zu seinen
Hauptwerken zählen die großen liegenden Figuren für das UNESCO-Gebäude in
Paris und das Lincoln Art Center in New York. Eine große Moore-Plastik in
Bonn erinnert an die Zeit, als die Stadt am Rhein ein international
bedeutender Regierungssitz war.
Sonntag, 18. Dezember
2005