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derStandard.at | Kultur | Bildende Kunst 
13. Oktober 2005
00:50 MESZ
Von
Marijana Miljkovic 
Der Affe Maria singt "Ave Maria"
Grazer Innenstadtgasse wird im Kunstprojekt "Kaiserfeld" zum Schauplatz ihrer selbst

Graz - Affe Maria ist gerührt; er sinniert über Mozart und liebt Schuberts "Ave Maria": "Zieht es Ihnen auch das Fell vom Leib?" fragt er das Publikum. Bühne für den Affenmonolog ist das Café Kaiserfeld, das nicht nur Schauplatz dieses gesellschaftskritischen Stückes ist. Es ist auch Drehscheibe des Kunstprojektes "Kaiserfeld", das diese Woche die eher unscheinbare Gasse in der City zum Mittelpunkt künstlerischer Auseinandersetzung macht.

In Max Gads Stück "Menschensohn oder Affe Maria" erzählt das Versuchstier, "der letzte Europäer, der an die Zivilisation glaubt" seine Lebensgeschichte mit markigen Sprüchen. Dieser Affe eignet sich "für Führungspositionen" und hat sich zur "grauen Eminenz des Tierversuchslabors" hinaufgearbeitet: "Je höher ein Affe steigt, desto mehr zeigt er seinen Hintern", kokettiert er mit den Geschäftstreibenden der "Geld"-Straße Kaiserfeldgasse: "Mir ist nichts Menschliches fremd." "Halte sie in Furcht: so dressiert man Menschen," sagt er und trinkt Bier, wie auch die Besucher im Café Kaiserfeld.

"Biotop" Kaiserfeld

Die Kaiserfeldgasse ist eine unauffällige Straße. Von der Einkaufsstraße Herrengasse kommend bilden zwei Modekonzerne das Portal in das ansonsten überwiegend von Anwalts- und Notariatskanzleien sowie Handwerksbetrieben und Banken gesäumte Areal. "Die Kaiserfeldgasse ist eine Mischung aus Kapitalplätzen und Handwerksgeschäften," sagt Christian Marczik von der Künstlergruppe Intro-Graz-Spection, Organisator des Festes. "Sie erinnert an eine zu breit gewordene Prunkstraße einer Kleinstadt." Für ihn sei das "ein Biotop", erklärt Marczik den Grund, warum ausgerechnet die Kaiserfeldgasse als Kunstschauplatz fungiert.

Das Projekt Kaiserfeld will keinen Wiederbelebungsversuch für die Gasse starten, vielmehr sollen über 50 Künstlerinnen und Künstler die Kaiserfeldgasse mit allen Formen der Kunst inszenieren: Theater, Musik, Literatur, Architektur und Fotografie. 13 Arbeiten nehmen Bezug auf die Straße, "alles entsteht neu", erzählt Marczik.

Alles ist einmalig, beispielsweise ein Hände-Druck. Bei Herbert Soltys' Aktion kann man Menschen seine mit Druckerschwärze bestrichenen Hand reichen, sich fotografieren lassen und dieses Foto drucken lassen. Gleichzeitig geht die Druckerschwärze von Hand zu Hand.

Disco ohne Lärm

Zum Abschluss veranstaltet der Künstler Oliver Hangl das Clubbing "Kaiserfeld on Ear", allerdings ohne Lärmbelästigung der Anrainer der Innenstadt-Straße: Dancefloor ist der Gehsteig, die Visuals liefern die Besucher, die durch Funkkopfhörer beschallt zu den DJs Sweet Susie und Manni Montana tanzen. Der Bezug zur Straße wird mit Zweikanaltechnik hergestellt: Die Besucher können zwischen Disco-Musik und Straßenlärm wechseln. Das Fest dauert noch bis zum 15. Oktober.
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.10.2005)


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